Museen

Sisi privat. Die Fotoalben der Kaiserin.

Eine kleine und feine Ausstellung im Fotoraum des Museums Ludwig

Text und Fotos: Michael Cramer

Zur Schonung nur schummrig beleuchtet waren die zahlreichen Original-Fotografien, welche Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, im Volksmund „Sisi“ genannt, emsig gesammelt hatte bzw. hatte sammeln lassen; das war in den 1860er Jahren en vogue. Auch die Pressekonferenz hatte ein neues Format: Die Journalisten sollten ebenfalls geschützt werden; es gab Besichtigungs-Slots, um Gedränge zu vermeiden, und die Ausführungen vom Museumschef und der Kuratorin einschließlich eines kleinen Rundgang-Films lagen als Video vor. So ändern sich die Zeiten. Für Sisi war das Sammeln damals vergleichsweise einfach; über den Außenminister des Reiches hatte sie die zahlreichen Botschaften angewiesen, für sie „fotografierte Portraits schöner Frauen aus den vorzüglichen Hauptstädten Europas“ zu besorgen. Darunter bitte auch Aufnahmen orientalischer Schönheiten und von Haremsdamen. Das war natürlich schon ein frivoles Unterfangen und dürfte manches süffisantes Lächeln bei den Diplomaten hervorgerufen haben. Auf diese Weise kamen 18 Alben mit etwa 2000 Fotos zusammen, viele davon in feinstem Leder, mit Messingbeschlägen, mit Wappen und mit edlen Steinen verziert. Und alle mit einem kleinen Schlösschen, ähnlich wie die Poesiealben unserer Kindheit. Denn es galt, die für die damalige Zeit doch teilweise schlüpfrigen Fotografien vor allzu Neugierigen zu schützen.

Das Museum Ludwig hatte 1994 die „Sammlung Robert Lebeck“ gekauft, einzigartige und vielfältige Fotografien aus dem 19. Jahrhundert und in dieser Fülle und Qualität in keinem anderen Museum zu finden, gesammelt von dem berühmten Berliner Fotoreporter. Und dann jahrelang im Archiv versteckt. Bis die Kuratorin Miriam Szwast einen fachkundigen Blick in die achtzehn bisher unbekannten Alben mit rund 2000 Portraitfotografien geworfen hatte, um die Persönlichkeit der scheuen Kaiserin näher zu erkunden. Denn diese wollte nicht fotografiert werden, selbst Röntgenaufnahmen lehnte sie später ab; nur auf fünf der vielen Aufnahmen ist die Kaiserin selbst zu sehen. Auch ihre Alben stellte Sisi nur im Privaten zusammen. Aber diese sind keineswegs Zeichen eines kurzlebigen Sammlertrends, sondern Beweis für die kreativen Möglichkeiten von Frauen im 19. Jahrhundert, sie halfen bei der persönlichen Freiheitsentwicklung und sind auch ein wenig feministisch angehaucht. Einundzwanzig weitere Alben gab es, über einen anderen Sammler ging dann vieles an Lebeck und über ihn dann an das Museum; manches scheint verschollen oder ist unbekannt verblieben.

Elisabeth suchte nicht die öffentliche Bühne, im Gegenteil, sie vermied sie. Offensichtlich hatte sie eine „Blickphobie“, entzog sich zunehmend ihren Repräsentationspflichten. In einem Gedicht an die Gaffer schrieb sie „ … Ich wollt, die Leute ließen mich in Ruhe und ungeschoren….. Wenn sie mich so fixieren, ich kröche gerne in ein Schneckenhaus und könnt vor Wut krepieren ..“ Elisabeth war etwa zeitgleich mit der Fotografie auf die Welt kommen, kannte früh die exklusive Daguerreotypie, die massenhaft verbreiteten kleinen Carte-de-Visite-Fotos und hatte erste Erfahrung mit Paparazzis. Gerne verbarg sie ihr Gesicht hinter Schleiern und hatte für ihren schützenden Fächer gar einen eigenen Behälter am Sattel. Und ihre Friseurin Fanny Feifalik, abgeworben vom Burgtheater, schickte sie sogar gelegentlich als Double in die Öffentlichkeit.

Elisabeth hat die Fotos offensichtlich für die Aufwertung ihres eigenen Images gebraucht, in dieser Zeit war sie aus Wien geflohen und lebte Monate lang auf Korfu, auf Madeira und in Venedig. Zurück war sie energischer und selbstbewusster, mied jedoch den Adel und hängte sich stattdessen an internationale Stars. Auch ihre kostbaren Kleider sah sie eher als „Verkleidung“ an, sprach von „Geschirr“, in das sie gelegt sei. Umso mehr bevorzugte sie erotische Fotos von schönen, emanzipierten Frauen, von Tänzerinnen und Schauspielerinnen, von Artisten aus dem Zirkus Renz, von der französischen Oper, aber auch von ihren Hunden. Alles weit entfernt vom kitschigen Flair der drei bekannten Sisi-Filme.

Elisabeth hatte ein Leben mit vielen Höhen, aber wohl mit noch mehr Tiefen, mit zahlreichen gesundheitlichen Problemen, Auseinandersetzungen mit Ihrem Mann um ihren eigenen Lebensstil und um die Kinder. Dazu kamen ständige Reisen, durch die sie sich ablenken und der Öffentlichkeit entfliehen konnte. Ihr einziger Sohn Rudolf nahm sich 1889 das Leben, sie selbst wurde ein Jahr später von einem Anarchisten ermordet. Bei der Obduktion fand man multiple Hungerödeme und das Tattoo von einem Anker auf der Schulter- so wurde ihr Körper noch einmal zu einer öffentlichen Angelegenheit.

Zur Ausstellung ist eine kleine Broschüre mit vielen Fotos und mit Texten der Kuratorin und von Olivia Gruber Florek erschienen, nicht nur für „Sisi-Fans“ ein Muss. 54 Seiten 8.- €

Köln, Museum Ludwig, bis 21. Februar 2021, Di-So 10-18 Uhr

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