Museen

Starke Privatsammlung im Museum – “Sammlerträume” im WRM

” Sternstunden niederländischer Barockkunst”

 Das steht über dem Titel der neuen Ausstellung im ehrwürdigen Wallraf-Richartz-Museum mit einer exzellenten Abteilung “Alte Kunst” unter Anja Sevcik (Barock) und Roland Krischel (Mittelalter). Nun haben viele Sammler so ihre eigenen Träume, ob es sich um banale Briefmarken, Schallplatten oder alte Fotoapparate handelt, aber leider ist der „Traum“  ja nun oft aus wirtschaftlichen Gründen limitiert. Das schien bei einem Kunstfreund eher weniger der Fall zu sein, sammelte er doch seit Anfang der Siebziger sehr kenntnisvoll hochwertige klein- und mittelformatige Gemälde und Zeichnungen. Derlei findet man ja oft bei vielen Sammlern. Hier aber hatte der anonym bleibende Kunstliebhaber verfügt, dass seine Erben die Sammlung nicht auseinanderreißen, sondern als Ganzes erhalten, um den Geist der Bilder und seine Sammler-Intuition zu bewahren.

Und die haben sich, anstatt alles auf dem Kunstmarkt teuer zu verscherbeln, an den Wunsch des Verstorbenen gehalten und das ganze Konvolut von 180 Werken, darunter 36 Gemälde, zur Freude von Markus Dekiert, dem Direktor des genannten Museums, als Leihgabe für zunächst 10 Jahre zur Verfügung gestellt. Der natürlich, wie auch die Kuratorin Anja Sevcik  – wie könnte man das ihnen auch verdenken – auf eine Dauerleihgabe hofft.

Die Bilder haben schon eine hohe Museumsqualität, sonst wären sie kaum in einem so erlauchten Raum ausgestellt worden wie dem Fenstersaal in der 2. Etage mit Blick auf die – leider wie in Köln üblich stockende – Baustelle des MiQua. Hier hatte 2019 der „Machsor“, ein seltenes Gebetbuch aus dem 16. Jahrhundert für die frommen  Juden einen sehr würdigen Platz gefunden. https://www.kulturcram.de/2019/10/ein-schatz-kehrt-heim-der-amsterdam-machsor/ Und nun die “Sammlerträume”, von denen Dekiert sagte, dass sie das Beste sind, was in diesem Zeitalter der niederländischen Barockkunst, entstanden ist.

Prominente Namen sind hierunter wie Jan Brueghel d.Ä. mit seinem herausragenden Gemälde „Maria mit Jesuskind“, eigentlich ein „Wimmelbild“ mit unzähligen Blüten, Putten, Tieren und Früchten in einer anmutigen Waldlandschaft. Sein Malerkollege Hendrick van Balen war für die Darstellung der Figuren zuständig. Man kann sich gut vorstellen, wie sich der Sammler immer wieder in das Bild versenkte. Auch die Straßenansichten von Jan van der Heyden sind voll an Details; er hatte aus eigener leidvoller Erfahrung das Feuerwehrwesen weiterentwickelt und eine besonders leistungsfähige Feuerwehrspritze konstruiert, was ihm den Namen „Da Vinci der Niederlande“ eingebracht hatte.

Die gemeinsame Arbeit von Malern zeigt sich auch an einer Prunkvase mit dem Motiv der Entführung einer Braut; hier hat Frans Francken die Vase gestaltet, während Andries Daniels für den Blumenschmuck verantwortlich war. Auch damals gab es schon sinnvolle Arbeitsteilungen.

Jan Steen 1626-1679) schuf in seinem kurzen Leben zahlreiche Seefahrer-Bilder, darunter eine sehr detailreiche Szene am Fluss, wo ein Kahn mit offenbar fröhlichen musizierenden Menschen ablegt, während im Hintergrund die Bauern tanzen und feiern und ein vornehmer Herr zu Pferde auch einen guten Schluck nimmt. Was einem dagegen pöbelnden Bauern überhaupt nicht zu gefallen scheint. Weitere Werke von Emanuel de Witte, Gerrit Dou, Willem van Mieris und Salomon van Ruysdael sind zu sehen, Sommer- und Winterlandschaften, Stadt- und Flusspanoramen, Kircheninterieurs und Stillleben. Der Stolz der holländischen Seefahrernation spiegelt sich wieder in vielen maritimen Szenen, die Lebensfreude in kostbaren Stillleben mit allerlei Ess- und Trinkbarem. Sogar eine kleine Maus darf sich sattessen im Bild von Georg Flegel (1566-1638): Stillleben mit brennender Kerze und Maus. Eigens für den Besuch hat Kuratorin Anja Sevcik bei Spotify eine Playlist zusammengestellt, sodass Interessierte die Werke auch mit der passenden musikalischen Untermalung genießen können. Im Museum allerdings nur über Kopfhörer beim entspannten Betrachten der von der Kuratorin sensibel angeordneten Bilder.

Sie ist auch hauptverantwortlich für „Baroque“, das wie ein Lifestyle-Magazin gestaltete Heft über die barocke Malerei in Köln und sonstwo. Ein veritables Vergnügen, dessen Tiefe man erst beim zweiten oder dritten Lesen entdeckt und dabei ständig grinsen muss. Nicht nur über die famosen Fotomontagen. Für ganz kleines Geld eine dringende Kaufempfehlung, erhältlich im Museumsshop.

Anja Sevcik nach der gelungenen Eröffnung und ihrem Referat

Nachtrag: Für die kürzlich zu Ende gegangene Ausstellung “Susanna – Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo” wurde den beiden Kuratoren Roland Krischel und Anja Sevcik der Preis für das” Kulturereignis des Jahres” verliehen von der Kulturstaatsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Herzlichen Glückwunsch auch von dieser Stelle. https://www.kulturcram.de/2022/10/susanna-von-der-bibelgeschichte-bis-zu-metoo-bewegung/   

Aus dem KStA, Foto Markus Laghanke

Text und Fotos von Michael Cramer

Ausstellung im Wallraf-Richarzt-Museum & Fundation Corboud

https://www.wallraf.museum/

Bis 21. April 2024, Di-So 10-18:00

 

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