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Wer ist oder war John Devey ? Auflösung im Museum Ludwig

John Dewey – who ?

Text und Fotos: Michael Cramer

 

Pressekonferenz am 19.8.2020, mit den Kuratorinnen Janice Mitchell (3. v. l) und Barbara Engelbach (re)

Das Museum Ludwig in Köln steht in Sachen Gegenwartskunst international an ganz vorderer Stelle, der Namensgeber Peter Ludwig (1925-1996), ein sehr vermögender Aachener Süßwarenfabrikant, mit feiner Nase für hochwertige Kunst und vor allem für erfolgversprechende junge Künstler, hatte zeitlebens vielfältigste Objekte aus allen Bereichen gesammelt und diese an zahlreiche Museen und Stiftungen weitergegeben. So auch nach Köln (wo er und seine Frau Irene als Ehrenbürger geehrt wurden); die Stadt benannte auf Grund einer großen Stiftung von Picasso-Werken ihr Kunstmuseum nach ihm um und verlagerte die umfangreiche mittelalterliche und neuzeitliche Sammlung in das neu erbaute Wallraf-Richartz-Museum.

Julia Scher, Security by Julia X, 1991

Erneut galt es, die Sammlung an Gegenwartskunst neu zu präsentieren für die Dauer von zwei Jahren, Ort ist das komplette, auch von außen einsehbare Untergeschoss mit 1500 qm, wo 50 Arbeiten von 34 Künstler*innen ausgestellt sind. In Kooperation mit der sehr aktiven „Gesellschaft für Moderne Kunst“ https://gesellschaft-museum-ludwig.de unter der Vorsitzenden Mayen Beckmann bemüht man sich, Sammlung auch in den kommenden Jahren mit immer wieder einem anderen Fokus zu zeigen und die didaktische Zugänglichkeit zu erhöhen. Als Sponsor mit im Boot ist wieder die Firma „Art Invest Real Estate“, einer der großen Immobilienentwickler und Dienstleister www.art-invest.de

Huang Yong Ping, Kiosk, 1994, rechts Kuratorin Janice Mitchell

Zur Pressekonferenz musste der Kinosaal des Museums herhalten; trotz zahlreicher Journalisten konnten hier die Abstandsregeln problemlos eingehalten werden. Zum Titel „John Dewey – who?“ schaffte die Kuratorin Dr. Barbara Engelbach einen kleinen Lacherfolg, nachdem sie ihre anfängliche totale Unkenntnis zu Dewey zugegeben hatte. Ihre Kollegin Janice Mitchell, Stipendiatin der  Terra Foundation, hatte zuvor zwei Jahre die Sammlung amerikanischer Kunst der 1960er und 1970er Jahre – ein Filetstück des Museum Ludwig – aus einer postkolonialen, feministischen, gender-theoretischen und queren Perspektive analysiert und für gezielte Zukäufe gesorgt. Und dies in der Pressekonferenz sehr ausführlich und mit aparter begleitender Gestik ihrer Hände dargestellt. Und den Namen von John Dewey eingebracht, ein namhafter US-amerikanischer Philosoph und Pädagoge, der mit seinem Hauptwerk “Demokratie und Erziehung” von 1916, einem Schlüsselwerk der internationalen Reformpädagogik, die Schule als Modell für Demokratie und als Grundlage des Lehrens und Lernens in modernen Gesellschaften sieht. Für ihn war die Kunst ein wesentlicher Teil im praktischen Prozess; seine Ideen wurden in namhaften Kunsthochschulen aufgegriffen, deutliche Spuren davon hinterließ er bei seinen Reisen nach China, Japan und in die Türkei. Denn auch das Museum Ludwig ist ein lebendiger Ort des Austausches und Zusammentreffens.

      

Oscar Murillo, collective conscience, seit 2015 (fortlaufend). Rechts im Hintergrund die Philharmonie

Sehr erfreut über die Archivpräsentation zeigten sich in Grußworten auch die Beigeordnete für Kunst und Kultur Susanne Laugwitz-Aulbach und der Museumschef Dr. Yilmaz Dziewior. Die ausgestellten Künstler*innen waren nach ihren Erfahrungen in Ausbildung und Lehre gefragt worden; die Antworten sind in einer separaten Präsentation dargestellt. Vieles spektakuläres gibt es anzusehen wie den Kiosk von Huang Yong  Ping mit von einem Betonmischer durchgedrehten Zeitungen, Symbol für die unterdrückte Pressefreiheit. Oder die Überwachungsmaschinerie von Julia Scher, die Angst macht vor der totalen Kontrolle. Oscar Murillo hat ein Gerüst gebaut, wo Arbeiter in Berufskleidung sitzen und die Besucher zum Mitsitzen einladen. Und Gülsün Karamustafa zeigt ein großformatiges Motiv aus dem 16. Jahrhundert, wo Frauen in europäischer Kleidung bzw. nackt von Männern auf einem Basar wie Ware behandelt werden. Eine Szene, oft zu erleben von Künstlerinnen in Istanbul.

Die vielschichtige Schau lädt sicherlich zum mehrmaligen Besuch ein, etliche Werke benötigen schon eine längere Vorlaufzeit zum definitiven Verständnis. Aber man hat  ja Zeit, die Präsentation läuft noch 2 Jahre.

Kün­stler*in­nen: Kai Al­thoff, Ei Arakawa, Ed­gar Arce­neaux, Tr­isha Ba­ga, John Baldes­sari, An­drea Bütt­n­er, Erik Bu­la­tov, Tom Burr, Michael Buthe, John Cage, Miri­am Cahn, Fang Li­jun, Ter­ry Fox, An­drea Fras­er, Dan Gra­ham, Lubai­na Himid, Huang Yong Ping, Al­lan Kaprow, Gül­sün Kara­musta­fa, Martin Kip­pen­berg­er, Jut­ta Koether, Maria Lass­nig, Jochen Lem­pert, Sarah Lu­cas, Os­car Muril­lo, Ker­ry James Mar­shall, Park McArthur, Mar­cel Oden­bach, Ro­man On­dak, Ju­lia Sch­er, Av­ery Singer, Di­a­mond Stingi­ly, Rose­marie Trock­el, Car­rie Mae Weems, Josef Zehr­er

https://www.museum-ludwig.de/de/museum/sammlung/sammlung-gegenwartskunst.html

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