Musik

Große Musik im kleinen Dom – Anton Bruckner´s “Fünfte”

Text und Fotos:  Michael Cramer

28.9.1029

Eine schwere Erkrankung hielt den Österreicher und tiefgläubigen Katholiken Anton Bruckner davon ab, 1894 die Uraufführung seiner 5. Sinfonie in Graz zu erleben. Zum Glück, kann man im Nachhinein sagen, denn der Dirigent Franz Schalk hatte eigenmächtig sehr viele „Verbesserungen“ an dem bereits 20 Jahre zuvor komponierten Werk vorgenommen, die sich als regelrechte Verstümmelungen des epochalen Sinfonie-Giganten herausstellten. Erst viele Jahre später konnte man Bruckners in einer Zeit schwerer Depressionen entstandene „Fünfte“ in voller Länge und in ihrer ganzen Genialität zum ersten Mal hören.

Jürgen Gnest, Vorsitzender des Fördervereins

Dieses Glück hatten aber auch die über 500 Zuhörer beim prächtigen Abschlusskonzert des „Altenberger Kultursommers“ mit den Bayer Philharmonikern. Wenn auch der Rotstift bei der Konzertserie angesetzt werden musste: nur noch vier Konzerte bei drei Spielorten, da zu hohe Gagen und zu wenige Zuschauer. Aber die vergangene Spielzeit war wieder ausgeglichen, wie Jürgen Gnest, Vorsitzender des Fördervereins, im privaten Gespräch berichtete. Für die kommende Saison werden die Bayer Philharmoniker im Zuge des Beethovenjahres seine 9. Sinfonie im Dom aufführen. Den Begrüßungs-Beifall lenkte Gnest rasch auf die Hauptperson des Abends, den Dirigenten Bernhard Steiner, der das Orchester seit 2011 sehr erfolgreich leitet.

Die Fünfte Symphonie, Zentrum Bruckners sinfonischen Werkes, besticht durch ihre geniale Polyphonie, während einen Gegenpol die herrlichen, transzendental schwebenden Choralmelodien bilden. Die Botschaft des gläubigen Bruckner, ein Solitär in der Musikgeschichte, scheint klar: Neben aller irdischen Anstrengung gibt es etwas, das höher ist. Der Dirigent muss entscheiden, ob er die Musik als romantisch oder visionär als Wegweiser zur Moderne darstellt. Steiner hat einen guten Mittelweg gewählt: Der erste ist rhythmisch – wie ein Gebot, der zweite hymnisch – wie eine Verheißung. Er dirigiert präzise und mit klaren Einsätzen für die unterschiedlichen Instrumentengruppen das riesige und sehr aufmerksame Orchester, welches den gesamten Chorraum ausfüllt. Und schafft es, auch in den langsamen und leisen Passagen die Innenspannung aufrecht zu erhalten. Dazu kommt der umfangreiche Einsatz von über 20 Holz- und Blechbläsern, die den Dom ständig und lautstark füllen, sodass es manchmal klingt wie ein Konzert für ein Blasorchester, begleitet von Streichern. Saubere, rhythmisch schwierige Pizzicati, wunderbar klangvolle Hornstimmen, einheitlicher Streicherklang, ein hochpräziser Paukist, und ein andächtiges Publikum. Denn das Gotteslob des Komponisten ist immer präsent, erst recht im langen kontrapunktischen Finale, einer anspruchsvollen Fuge. Eine weihevolle Sakralatmosphäre über 52 Takte im Fortissimo, da geht das Herz auf, da könnte auch ein Atheist wieder gläubig werden. Zumal diese Sinfonie auch schon mal „Glaubenssinfonie“ oder „Katholische“ genannt wird.

Mit großer und sicherer Geste: Bernhard Steiner

Nun ähnelt sich Bruckners Musik in allen seinen Sinfonien schon in gewisser Weise, er polarisierte damit die Fachwelt, man spöttelte „Neun Sinfonien aus derselben Musik“ oder „Kennt man eine, kennt man alle“. Auch eine Verwandtschaft zur Musik von Richard Wagner wird gesehen. Aber Anton Bruckner hat mit seinen neun Sinfonien ein monumentales Werk für die Ewigkeit geschaffen, von dem seine „Fünfte“ im Konzert der ehrenamtlichen Freizeit-Musiker der Bayer Philharmoniker adäquat aufgeführt wurde. Entsprechend einhellig jubelnd und lang fiel der Applaus aus.

Die phänomenalen Bläser der Philharmoniker beim Applaus

Kommentare deaktiviert für Große Musik im kleinen Dom – Anton Bruckner´s “Fünfte”