Theater

Helga hilft – aber nicht wirklich im Kölner TaD

Weihnachten, das Familienfest der Liebe, artet häufig in handfesten Krach aus; Paartherapeuten und Scheidungsanwälte können ein Lied davon singen. So auch bei den Wethmeyers, einer klassischen Patchwork-Familie, die allerdings anstatt Weihnachten lieber Ostern feiert: Besseres Wetter, länger hell, kein Geschenke-Stress. Allerdings kommen bei dieser Gelegenheit oft unangenehme Wahrheiten unter den Tannenbaum oder in das Osterkörbchen; René Heinersdorff, Allround-Theatermann als Autor, Regisseur und Betreiber von einigen Bühnen, hat sich den eigenen Ärger über solche Feste gründlich von der Seele geschrieben.

Und in dem Stück „Helga hilft“ auch gleich noch Regie geführt. Tante Helga ist ein irgendwie verwandter „Guter Engel“ – das meint sie zumindest von sich – und führt sogar eine Firma namens „Helga hilft“. Sie wäre – so verkündete sie in etlichen etwas unglücklich steifen Ansprachen an das Publikum – sozusagen die selbsternannte „Miss Marple aus Fallingbostel“ und ließ die Zuschauer immer wieder über Wahrheit und Lüge abstimmen. Immerhin wurde die 70jährige viel beschäftigte Schauspielerin („Traumschiff“) mit heftigem Applaus von ihren Fans begrüßt. Warum sie sich das antut, 3 Monate und 6x in der Woche mit denselben Kollegen auf derselben Bühne zu stehen, das weiß nur sie selbst. Vielleicht liegt es an der Attraktivität der Stadt Köln.

Rene Heinersdorff hat auf der geschickt von Sommer nach Winter umbaubaren Gartenterrasse und in den jahreszeitlich gut passenden Kostümen von Mathias Betyna eine ziemlich skurrile Familie ersonnen, bestehend aus Großvater Eckardt (köstlich polternd: Walter Gontermann), seinem listigen wie pfiffigen Sohn Kai (Ralf Stech), dessen Schwiegertochter in spe Caroline (Karoline Klütsch), und Tina (Tina Seydel), die seit 10 Jahren getrennt lebende Ex. Ein weiteres Familienmitglied ist Peter, verlobt mit Caroline; auf dem Abendzettel sucht man ihn allerdings vergebens, obwohl er eine wichtige Funktion in der verworrenen Geschichte hat. Er will sich nämlich von seiner Braut Caro sanft trennen, indem er behauptet, auf einmal seine homosexuelle Neigung entdeckt zu haben, was Caro hilft, ihr Gesicht zu wahren. Aber er macht angeblich mit einer wohl attraktiven Bäckerstochter rum – das ist der wahre Grund.  Ist nix mit Homosexualität.

Unklar ist auch, wer der Vater des Babys von Caroline ist, die später einen Kinderwagen über die Bühne schiebt. Da gab es wohl einen heftigen „One-Night-Stand“ mit Peter. Also: Verwirrung über Verwirrung. Und „Tante“ Helga – Bitte „Du“ und ohne „Tante“- versucht mit ihrem klassischen Helfersyndrom und erfundenen Revolvergeschichten Licht in manches Beziehungsdunkel zu bringen, was immer mehr als peinlich ist. Sie weiß alles, kennt alle Hintergründe von Trennungen und Beziehungen. Da ist die erprobte Claudia Rieschel voll in ihrem Element.

Zum Schluss bietet sie sich dem Publikum gar als „Dienstleisterin“ an zur Befriedung und Entkrampfung bei Familienfeiern, sie hätte da sehr umfangreiche Erfahrungen. Der Knüller zum Schluss: Helga zieht mit ihrem Rollkoffer ab, der Schlussapplaus brandet auf. Aber zu früh: die Familie ist hoch erleichtert, endlich ist sie weg; auf einmal haben sich alle wieder lieb.

Blumen für das Team von Oliver Durek – rechts der Autor

Das neue Stück lebt von hoher Spielfreude des Teams, perfektem Timing und vielen flotten Sprüchen; man muss sehr gut aufpassen, um keinen der zahlreichen Gags zu verpassen. Sehr empfehlenswert.

 

„Helga hilft“ bis zum 6. Februar im Theater am Dom

Tickets: 0221 2580153

www.theateramdom.de

Fotos: N.N.

Welturaufführung am 11.11.21

Text von Michael Cramer

 

 

 

 

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