Musik

Schlosskonzerte Brühl – Beginn und Ende zugleich

Text und Fotos: Michael Cramer

Einen kleinen Heiterkeitserfolg erzielte Andreas Spering, Dirigent und künstlerischer Leiter der Brühler Konzerte, mit seiner Begrüßung „zum gleichzeitigen Beginn und Abschluss der Festwochen“. Schon eine einmalige Situation und sehr ärgerlich für die Freunde der Barockmusik in herausragendem Ambiente des Treppenhauses von Schloss Brühl: gebührender Abstand ist hier illusorisch, daher hat auch hier Corona zugeschlagen, das komplette Haydn-Festival wurde gecancelt. Nun gibt es ja den lauschigen „Ehrenhof“, den Innenhof zwischen den Flügeln des Schlosses. Hier hat man sich früher bislang nicht getraut, Open-Air-Konzerte zu veranstalten, wie die Webseite des Schlosses freimütig verkündete: 1. das Wetter und 2. die nahe Bahnlinie, wo regelmäßig vorbeiratternde lange Güterzüge ordentlich Krach machen. Der verständliche Drang von Lena Hug, Chefin des Ganzen, nun doch wenigstens hier etwas „Barockiges“ erklingen zu lassen, obsiegte über die schnöde Ratio: „Wir machen es einfach!“. Ein optimistisches Experiment mit dem besonderen sommerlichen Live-Musik-Moment, mit schönsten barocken Klängen im stimmungsvollen Ambiente, welches nur bei Regen abgesagt oder beendet werden muss. Denn einen Umzug in einen trockenen Raum konnte man komplett knicken.

Dirigent Andreas Spering bei der Begrüßung

Das Wochenende 28. bis 30. August wurde ausersehen, an drei Abenden sollte dasselbe Programm erklingen, die Wetter-Auguren wurden günstig gestimmt. Was auch geklappt hat, lediglich am ersten Abend musste wegen Regen eine Stunde später begonnen werden. Nur – wie läuft das im Detail ? Man hatte ja keine praktische Erfahrung damit. Wo saß das Orchester klanglich optimal, wo das Publikum ? Nach einem längeren Probespiel war klar: alles diagonal, Orchester in die rechte Ecke, das Publikum im Halbkreis schräg davor. 200 Stühle waren aufgestellt, Corona-freundlich in 2er oder 3-er-Gruppen, dazwischen niedrige Tische für die Getränke, die man ausnahmsweise mitnehmen durfte. Auf die Frage nach der Herkunft dieser Tische berichtete die Chefin Lena Hug: “Bei Ikea um die Ecke gekauft, war viel billiger, als wenn wir sie gemietet hätten.“

Viele kleine Tische – nicht gemietet, sondern bei Ikea gekauft

Zum Beginn des Konzertes mit der Ouvertüre D-Dur TWV 55:D1 horchte man förmlich auf ob des erstaunlich satten und lebendigen Klangs des wie immer hochpräzise und lebendig aufspielenden Orchesters. Klangvolle und saubere Naturhörner, wunderbar elegische Oboen, satte Streicher, und alles ohne Verstärkung. Vielleicht hat die Freude, endlich wieder öffentlich spielen zu können, die Musiker der Capella Augustina zusätzlich beflügelt, und vielleicht auch die Ohren der entwöhnten Zuhörer besonders erweitert. Vor allem war von allen Plätzen eine gute Sicht möglich, und das ohne den ständigen Blick auf barocke Putten.

Gespannt war man auf die junge Sopranistin Anna Lena Elbert, die bereits eine beachtliche Karriere hingelegt hat. Mit der Händel-Arie „Scoglio d´immota fronte“ aus seiner Oper „Scipione“ sang sie sich mit blitzsauberer, wunderbar geführter Stimme schnell in die Herzen des  Publikums, ebenso mit den Arien aus „The Fairy Queen“ von Henry Purcell. Ein höheres Podest hätte sie vielleicht noch besser präsentiert.

Sopranistin Anna Lena Elbert

Natürlich durfte Händels „Wassermusik“ nicht fehlen, neben der hier zum Festival-Abschluss immer gespielten Feuerwerksmusik ein echter Ohrwurm für das kundige, offensichtlich im Geiste mitgehende Publikum. Anna Lena Elbert verabschiedete sich mit den beiden wohlbekannten Arien „Piangerò“ aus „Giulio Cesare“ und „Tornami a vagheggiar“ aus der „Alcina“; der Rezensent gesteht, leise mitgesungen zu haben – was aber wegen des gebotenen Abstandes außer der eigenen Ehefrau niemand gehört haben dürfte. Ein glücklicher Abend! Der natürlich auch die Frage aufwirft, ob man den Ehrenhof öfters für Open-Air Konzerte nutzt, zumal der Verein jetzt  im Besitz der zahlreichen Ikea-Beistelltischchen ist. Den auch am Konzertabend mehrfach deutlich störenden Güterzug konnte man zwar in der Begeisterung überhören, aber vielleicht kann man mit der Bahn reden, dass die Züge während eines Konzertes ganz langsam vorbeifahren. Das Schloss Augustusburg ist immerhin ein Weltkulturerbe, da sollte sich die auch nicht immer pünktliche Bahn wegen einer geringen Verzögerung doch großzügig zeigen.

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