Musik

Große Jazzer im kleinen Rösrath

Alwin-Georg Maibach hat es nicht leicht. Der frühere Journalist, vor 2 Jahren als Nachfolger von Ingrid Ittel-Fernau, die sich mit 87 Jahren aus Altersgründen zurückgezogen hatte, als Vorsitzender des Kulturvereins Schloss Eulenbroich angetreten, erwischte Corona den Verein – wie überall. Mit der Folge, dass knapp ein Drittel der Mitglieder ausgetreten sind, obwohl der Jahresbeitrag von 60.- € sehr moderat ist und reduzierte Eintrittspreise ermöglicht. Leider muss der Verein ohne regelmäßige Sponsoren hinkommen und Miete für die Räume zahlen. Erschwerend ist auch die kulturelle Konkurrenz in Rösrath und Umgebung: im Schloss gibt es einen weiteren agilen Kultur-Verein https://www.schloss-eulenbroich.de/kulturprogramm, dazu kommen etwa die Konzerte in der Kirche im nahe gelegenen Honrath www.musik-honrath.de oder im Kulturbahnhof Overath www.kufo-overath.de . Von Bonn und Köln ganz zu schweigen.

Ein Highlight des Programms 2023 war am 19. März das Martin-Sasse-Trio vor immerhin gut 70 Zuhörern im eher schlichten Bürgerzentrum Kleineichen. Der Namensgeber ist ein in Europa führender und vielfach ausgezeichneter Jazzpianist, der mit allen Größen seiner Branche musiziert hat. Mit dabei seit vielen Jahren sind Martin Gjakonovski am Bass und Joost van Schaik an den Drums, was man jede Sekunde leibhaftig erspüren konnte. Es war verblüffend zu erleben, wie sich das sympathische Trio durch Körpersprache und minimale Gesten verständigte.

 

Basis der 12 Stücke war das „American Songbook“, eine Sammlung herausragender Songs der amerikanischen Unterhaltungsmusik von den 1930er bis in die 1960 Jahre. Quasi Jazz-Standards, die man halt kannte, und die immer wieder in unterschiedlichen Besetzungen zu hören sind, so etwa von Oscar Peterson, Dizzy Gillespie, Ray Brown, Erroll Garner oder John Lewis. Auch wenn man die von Martin Sasse charmant angesagten Titel oder Komponisten nicht kannte, die Musik war einem fast immer vertraut mit den Titeln und Komponisten „Here there“ von Bobby Timmons, „Cha-Cha-Twist“ von Les McCann oder “Wafe“ von Carlos Antonio.

              

Zu erleben war ein Konzert der Superklasse im unbekannten Kleineichen, ein berückender Streifzug durch Jazz, Swing, Groove pur mit einem blendenden Pianisten und virtuosen, atemberaubenden Läufen, aber auch mit harmonisch verblüffenden Akkorden auf seinem elektrischen Klavier, einem nach etwas Anlaufzeit hoch aufmerksamen, sehr einfühlsamen Drummer und vor allem mit dem Kontrabass von Martin Gjakonovski. Musikalisch und optisch war es ein Genuss zu sehen und zu hören, was dieser schlanke Mann auf seinem Bass in „Interception“ von Mc Coy Tyner anstellte; man konnte kaum mit den Augen verfolgen, wie er in irrwitzigem Tempo über sein Griffbrett fegte, gefolgt von melodisch reizvollen Phrasen. Leider teilweise verdeckt durch einen Notenständer für einen Gast im zweiten Teil des Konzertes, den Rösrather Saxophonisten Hans Willi Jackmuth, der sich – für einen Laien sehr achtbar- mit „Wafe“ und“ Autum Leaves“ präsentierte; eine schöne Erinnerung für ihn und seine Freunde im Publikum. Und ein qualifizierter Beginn der „open stage“ Serie, in der regelmäßig zusätzliche lokale Musiker die Bühne bevölkern sollen.

Das sehr aufmerksame und fachkundige Publikum spendete immer reichlich Applaus nach den einzelnen Soli, konnte sich aber auch gut zurücklehnen bei den etwas melancholischen und träumerischen Balladen. Man darf gerne dem ehrenamtlichen Vorstand des Vereins eine gute Hand und viele Besucher wünschen für die kommenden Veranstaltungen. Vielleicht gibt es dann auch ein einfaches Abendprogramm und kleine Präsente für die Künstler.

Danke für die stimmungsvollen Fotos von ©Jürgen Bindrim www.bindrim.de 

https://www.kulturverein-schloss-eulenbroich.de/

Text von Michael Cramer

 

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