Kunst

Finissage in Wuppertal: „Von der Heydt-Museum“ – Ende der Ära Finckh

 

Von Michael Cramer

Was macht ein langjähriger verdienter Museumschef nach 13 Dienstjahren und vorab seiner Pensionierung ? Richtig, es nochmal mit einer umfassenden Ausstellung und seiner Arbeit richtig krachen lassen. Das probiert auch Dr. Gerhard Finckh in seinem Wuppertaler „Von der Heydt-Museum“ mit „1919-2019, Hundert Jahre Moderne“. Das Museum, geprägt vom Bürgertum der verschmolzenen Städte Barmen und Elberfeld, wurde im Krieg arg zerstört, das obere Stockwerk und das Dach waren zerbombt, ca. 1500 Werke unwiederbringlich verloren.

Der Bestand des Museums konnte nach dem Krieg vor allem durch große Schenkungen des Kunstsammlers und Bankiers Eduard von der Heydt (1882–1964) wieder gut aufgefüllt werden; obwohl er bis 1938 NSDAP-Mitglied war, wurde das ehemalige Rathaus-Gebäude 1961 nach seiner Famile benannt. Bis heute umfasst der Fundus ca. 3000 hochkarätige Gemälde, 500 Skulpturen und 30000 Grafiken. Daher war es einfach, quasi „aus der eigenen Tasche“ diese Ausstellung zu präsentieren, leider aber ohne jeglichen Begleittext zur aktuellen Auswahl und zu den ausgestellten Werken. Ein Heftchen mit allen Bilden stammt noch von 1996.

In der großzügigen oberen Etage wird man begrüßt von zwei hölzernen Herren im Gespräch (Karl Röhrig, 1932) und wandelt denn per Rundgang vorbei an 130 Werken durch die Abteilungen “30-er und 40-er Jahre“ bis in die Gegenwart. Im „3. Reich und 2. Weltkrieg“ liegt eine stark beschädigte bronzene Hitler-Büste von seinem Architekten Arno Breker auf dem Boden, vorher passiert man Bilder von Max Beckmann und Otto Dix. Der Surrealismus ist u.a. mit Max Ernst, den „Industriebauern“ von Georg Scholz und der „Toteninsel“ von Salvador Dali vertreten; „schöne“ Blumenbilder von Marc Chagall bilden einen aparten Kontrast zum riesigen Foto des kriegszerstörten Museums.

Fernand Leger, Drei Musikanten, 1930, Von der Heydt-Museum Wuppertal © VG Bild-Kunst Bonn, 2019

Ob eine dürre Statue von Giacometti, ein Bild des hochbezahlten Gerhard Richter, eine Abteilung „Kunst nach der Stunde Null“ und „Hoffnung nach dem Krieg“, ein Frauenakt von Picasso, das Bild von Neo Rauch „Roter Junge“ bis hin zu einem überdimensionalen gelben Schulbus von Markus Willeke von 2012, große Farbfeld-Gemälde in eigener Abteilung bis zur Kunst der Gegenwart – es erstaunt schon der opulente eigene Besitz des Museums.

Arno Breker, Hitler-Kopf, Von der Heydt-Museum Wuppertal

Auch optisch ist vieles sehr geschickt strukturiert, mit aparten Sichtachsen und sehr ansprechender Beleuchtung. Leider lässt, wie zu erfahren war, die Resonanz auf die Ausstellung sehr zu wünschen übrig; am Tag des eigenen Besuchs, einem Feiertag (20. Juni), war nur das Aufsichtspersonal vor Ort. Vielleicht kennen die kunstbeflissenen Wuppertaler die ausgestellten Werke ohnehin von früher, da das international hoch angesagte Haus zu den wichtigsten Kunstorten in Deutschland gehört. Ein Besuch in die aktuelle Ausstellung lohnt allemal, da hier ein perfekter Extrakt der Kunst der letzten 100 Jahre geboten wird.

Die Ausstellung ist bis zum 22. September geöffnet

Alle Fotos © privat

www.von-der-heydt-museum.de

WDR-Bericht: https://www1.wdr.de/kultur/kunst/von-der-heydt-museum-moderne-100.html 

Julio Rondo – All it takes, 2018; Markus Willecke – Ohne Titel, school bus, 2012

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