Musik

bthvn2020 – Das Beethovenjahr in Bonn

Medienkonferenz am 13. Dezember 2019 und Beethoven-Ausstellung in der Bundeskunsthalle

Text und Fotos: Michael Cramer

Waren Sie schon in der großen Beethoven-Ausstellung in Bonn ? Noch nicht ? Nun drängt es nicht so sehr, sie schließt erst am 26. April 2020. Im Vorfeld  gab es noch eine Staffelstab-Übergabe von Köln nach Bonn, von Jaques Offenbach zu Ludwig van Beethoven, auf einem Rheinschiff mit beiden Oberbürgermeistern und dem NRW-Regierungschef Armin Laschet. Mit nachfolgender Eröffnungsfeier  – nein, nicht auf der Dauerbaustelle „Beethovenhalle“, sondern in der Bonner Oper.

Pressekonferenz Bundeskunsthalle

Auf dem Schiff wurde gemunkelt, dass nach neuen Forschungen der Beethoven nun doch in Köln geboren wäre. Nicht auszudenken ! Nein, alles in bester Ordnung, in der umfangreichen Jubiläums-Ausstellung in der „Bundeskunsthalle“ wird sogar eine Taufurkunde Beethovens präsentiert. Bundeskanzler Helmut Kohl legte nach langem zähen Ringen um Funktion und Gestalt 1989 den Grundstein für die von Gustav Peichl entworfene „Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland“. Mit völlig neuer Konzeption als symbolisches Zentrum der jungen Bundesrepublik, ohne eigene Sammlung, nur für Wechselausstellungen und wichtige Veranstaltungen. Das klappte auch bestens, die „BKH“ fand prächtigen Zuspruch, präsentierte laufend auch  international hoch beachtete Ausstellungen. Und nun über den berühmten Sohn der Stadt, in praktischer Kurzform „Beethoven.Welt.Bürger.Musik“, auf modern auch BTHVN2020. Das Kürzel erregte allerdings einigen Unmut; so ätzte Rainer Pause vom Pantheon-Theater  über den Autor: “Vokaler Legastheniker”. Zu Marketingzwecken hatte sich eigens eine „Beethoven Jubiläums-GmbH“ gegründet www.bthvn2020.de , ähnlich wie die Kölner für ihren Offenbach  www.yeswecancan.koeln. Diese erkennen allerdings neidlos an, dass Beethoven bedeutender war als Offenbach, nicht umsonst hatte Bundespräsident Walter Steinmeier die Schirmherrschaft übernommen.

Die Kuratorinnen Agnieszka Lulinska und Julia Ronge haben mit rund 250 Exponaten aus Bayern, Berlin, aus Frankfurt und New York eine beachtliche Sammlung zum Leben und Wirken Beethovens zusammengestellt. Auch das Beethovenhaus in Bonn, Geburtsstätte des Meisters, hat beigesteuert, so das berühmte Beethoven-Gemälde von Joseph Stieler, welches bei dieser Gelegenheit erstmals gründlich untersucht werde konnte. Aber die Lebensstationen sind nicht einfach der Reihe nach runtererzählt; über fünf Kapitel und mehrere Nebenzweige gelingt es, den Menschen Beethoven mit seinen Sorgen des Alltags, mit seinen Fehlern und Emotionen, mit seinen Charakterschwächen und Krankheiten und mit seiner Genialität überzeugend darzustellen. In einer Ausstellung, die sich ausdrücklich an ein interessiertes, aber musikalisch nicht vorgebildetes Publikum richtet – und seine Zeit braucht. Beethoven, der in eine Musikerfamilie hineingeboren wurde, lernte die Musik von der Pike auf, war Bratscher, Cembalist und Organist, gab mit 8 Jahren sein erstes öffentliches Konzert und stand im Dienste des Kurfürsten, bevor er mit 22 Jahren die brave Residenzstadt Bonn Richtung Wien verließ. Rund 50 Werke hat er hier geschrieben, an mehreren Hörstationen kann man herausragende Teile seines umfangreichen Oeuvres goutieren.

Interessant ist aber auch der Kontext seiner Werke; war er Revolutionär oder nur gut komponierender Mitläufer? Das kam ausführlich zur Sprache auf der sehr gut besuchten Medienkonferenz am 13. Dezember. Hausherr Patrick Schmeing, bis Ende 2017 Geschäftsführender Direktor des Kölner Gürzenich-Orchesters, freute sich über ein riesiges Medien-Echo mit fast voll besetztem Vortragssaal. Hier kamen nicht nur die Kuratorinnen zu Wort, sondern auch die Direktion des Beethovenhauses im Bonner Zentrum, welches eine Rund-um-Überholung und Neuausrichtung erfahren hat: Beethoven wird hier den rund 100.000 jährlichen Besuchern deutlich intensiver vermittelt, das Geburtszimmer darf betreten werden, es werden Originalmanuskripte gezeigt, Musik wird regelmäßig auf alten Originalinstrumenten gespielt. Und über einen großen Förderverein und den Kammermusiksaal erfüllt das Haus seinen kulturellen Auftrag. Ausgesprochen nett war ein Shuttle-Bus für die Journalisten zum Besichtigen des Beethovenhauses.

 

In der BKH konnte man einen entspannten Spaziergang durch die weitläufige Ausstellung regelrecht genießen und in das Leben und das Umfeld Beethovens eintauchen. Und dabei das musikalische Genie, die Ikone Beethoven und seine Epoche erkennen. Er war ja gewissermaßen der erste freischaffende Komponist, bürgerliche Nähe war angesagt anstatt prunkvoller Begegnungsräume und Konzertsäle. An Hand ausgewählter Schlüsselwerke wie seine 3. Sinfonie (Eroica), die Klaviersonate op. 106  (Hammerklavier) oder die Missa Solemnis werden diese Werke als Zäsuren im Schaffen Beethovens, als künstlerische Wendepunkte dargestellt. Die Abteilungen bis zum Aufbruch nach Wien, die ersten Jahre dort als Pianist und Komponist, die Zeit 1802-1812 mit Beethovens Lebenskrise durch die Taubheit, aber auch der Erfolg durch seine großen Werke. Von 1813-1818 Sturz Napoleons, Wiener Kongress, große Erfolge Beethovens, dann bis 1827 internationaler Ruhm, aber schwer krank. Der Rundgang bringt Beethoven dem Museumsbesucher schon sehr nahe, durch viele persönliche Dinge wie seine Hörrohre, seine Medikamente, seine Instrumente. Und eine Lebendmaske. Das alles macht schon ein wenig Rückenschauer. Beethoven ist weit mehr als nur nur “tä tä tä tääää” und “die Neunte”, er war ein echter Weltbürger, ein ganz Großer.

Ergänzt wird die Ausstellung durch den berühmten Beethovenfries, ein Hauptwerk von Gustav Klimt (1862-1918), dem ein ganzer Raum gewidmet ist. Eine Hommage der österreichischen Künstlervereinigung „Secession“ von 1902 an Beethoven, ein Höhepunkt des Wiener Jugendstils. Für dieses Werk sollte man sich Zeit nehmen, denn es vereint die Architektur, Malerei, Skulptur und Musik zu einer thematischen Einheit. Im Umfeld des Beethoven-Jubiläums gibt es eine Vielzahl an Konzerten und Vorträgen für alle Altersklassen unter www.bthvn2020.de

Gehen Sie unbedingt in die Ausstellung, am besten mehrmals, denn jedesmal sieht man mehr. Di und Mi 10:00-21:00 Uhr, Do bis So 10-19:00. Eintritt 14/9 €, ausgeschildertes Parkhaus. www.bundeskunsthalle.de 

 

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