Bizets “Carmen” in XXL-Version
Bizets Carmen—im XXL-Format
Im Staatenhaus gab es am Sonntagabend, dem 22. Mai, eine spektakuläre „CARMEN“ zu erleben – im XXL-Format. Womit allerdings nicht die Kostümgrößen gemeint sind, sondern die herausragende Qualifikation des Ensembles. Wenn die Oper Köln ihre besten Leute aufbietet, einen sogar aus Seoul extra einfliegen lässt, am Abend sogar zweimal den sehr ehrenvollen Titel „Kammersänger“ verleiht, das ist dann schon eine ganz besondere Situation. Das alljährliche “Fest der schönen Stimmen“, veranstaltet von den Freunden der Oper Köln, ist meist eine Abfolge von Arien und Ensembles aus verschiedenen Opern, oft ohne inneren Zusammenhang und oft ein Wettbewerb, wer die höchsten Töne am sichersten trifft. Zu Recht von manchen Opernfreunden eher weniger geliebt.
Hier wurde die international hoch gelobte Inszenierung von Lydia Steier (Premiere am 10.11.2019) wieder hochgefahren, die wunderbare Adriana Bastidas-Gamboa, Star der Premiere, stand zur Verfügung. Toll! Ihr Freiheitswille scheint noch intensiver geworden zu sein, und ihr Mezzo noch dunkler und geheimnisvoller. Hier meine Rezension der Premiere:
https://www.kulturcram.de/2019/11/ganz-ohne-folklore-bizets-carmen-im-koelner-staatenhaus/
Die Freunde der Kölner Oper (www.opernfreunde-koeln.de) finanzieren mit ihren nicht unerheblichen Beiträgen das „Internationale Opernstudio Köln“; hier bekommen ausgesuchte, bereits fertige Sänger und Sängerinnen eine Art „upgrade“- Studium durch Unterricht, Mitarbeit bei Produktionen insbesondere der Kinderoper Köln. Die älteste ihrer Art in Europa, und auch auf der großen Bühne, finanziert durch ein Stipendium von den Opernfreunden. Viele der Absolventen haben später große Karrieren hingelegt oder sind fest angestellt worden.
Das Besondere an der XXL-Carmen: alle Sänger stammen aus dem Opernstudio, aktuell oder übernommen ins Ensemble. Ganz vorne der international renommierte Samuel Youn, der seine Karriere im Opernstudio begann und jetzt auf den großen Bühnen der Welt singt. Allerdings seit kurzem nicht mehr, denn er hat eine Professur für Gesang an der renommierten Musikhochschule in seiner Heimatstadt angenommen; damit ist Köln auch für ihn vorerst Geschichte. Aber er versicherte sichtlich gerührt, dass Köln seine musikalische Heimat sei und hoffte, spätestens zur Wiedereröffnung der Oper wieder auf der Bühne zu stehen und zu singen.
Norbert Pabelick, der rührige Vorsitzende der Opernfreunde, hatte in seiner launigen Begrüßung auch den musikalischen Leiter des Opernstudios, Rainer Mühlbach, hoch gelobt. Und verwies, wenn jemand heute zufällig merken würde, dass er noch kein Mitglied im Freundeskreis sei, auf die ausliegenden Aufnahmeformulare. Welch charmantes Marketing.
Samuel Youn war natürlich der Torero, eine seiner Parade-Rollen, perfekt in Stimme und Macho-Ausstrahlung. Sehr schade, dass er das Ensemble verliess. Aber Reisende soll man ja nicht aufhalten. Immerhin hat ihm die Intendantin Dr. Birgit Meyer in Vertretung der Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Ernennungsurkunde zum „Kammersänger“ überreichen können. Diese hohe Ehre widerfuhr auch dem kroatischen Sänger Miljenko Turk, dem Kölner Publikumsliebling aus zahlreichen sehr unterschiedlichen Rollen, nicht nur als stimmstarker Bariton, sondern auch im exzessiven komödianten Spiel. Er nahm wie auch Samuel Youn die Ehrung strahlend entgegen. (Fotos siehe unten)
Und dann hat die Kölner Oper noch einen tenoralen Trumpf im Ärmel, den Koreaner Young Woo Kim. Ein sympathischer Strahlemann, mit einer Bombenstimme, mit mühelosen Höhen, mit ebenfalls strahlenden leisen Tönen, und einer mimischen und szenischen Leistung, die ihn auch als Schauspieler hätte auftreten lassen. Wie zu hören war, ist er in Hamburg als Cavaradossi angefragt. Viel Erfolg auf der Karriereleiter, lieber Young Woo Kim.
Und dann noch Kathrin Zukowski, die im Ensemble in der Zauberflöte und der „Entführung“ eindrucksvoll mitggewirkt hatte. Auch ihr steht -voraussichtlich- eine glänzende Karriere ins Haus. Alfred Eschwé stand erneut vor dem hoch aufmerksam und klangschön spielenden Gürzenichorchester, leider seitlich positioniert- ohne Video geht in der Oper kaum etwas.
Die Freunde der Oper Köln dürften bei dieser Aufführung voll auf ihre Kosten gekommen sein. Es herrschte eine produktive Anspannung, die sich auf das ganze Team erstreckte und zu Höchstleistungen anspornte. Das berichteten einige Sänger dem Rezensenten bei der anschließenden Feier für die Mitglieder, mit kostenlosem Fingerfood und Getränken. Das Herz ging schon weit auf an diesem XXL-Abend. Und falls Sie noch nicht Mitglied sein sollten: Hier geht’s lang: https://www.opernfreunde-koeln.de/mitgliedschaft/
Die “Carmen” wird noch am 29.5, 3.6. und 5.6. aufgeführt. Tickets unter www.oper.koeln
Hier Fotos der Verleihung der Kammersänger-Würde, Fotos von ©Paul Leclaire