Musik

Altenberg: Rossini´s „Petite Messe Solennelle“

Opernhafte Messe im  hohen gotischen Dom
30.6.2019

 

Text und Fotos:  Michael Cramer

 

Gioacchino Rossini´s „Petite Messe Solennelle“ ist ein herausragendes „Unikum“ unter den kirchlichen Chorwerken. Der Komponist hatte sich mit Mitte 30 und nach 41 Opern auf die faule Haut gelegt, seinen Ruhm und seine reichlichen Tantiemen ausgekostet und viele damalige VIPs der Pariser Gesellschaft angeblich selbst bekocht. So sind auch die „Tournedos Rossini“ nach ihm benannt worden. Mit 71 Jahren nahm er einen Kompositionsauftrag an und schuf seine “Petite Messe Solennelle”, wörtlich eine kleine feierliche Messe, für eine winzige gräfliche Privatkapelle in Paris. So verfiel Rossini auf die reizvolle Lösung der Begleitung mit zwei Klavieren und Harmonium (das zweite Klavier wird oft weggelassen). Später schuf er noch eine selten gespielte, eher langweilige Orchesterversion. Eine Widmung findet sich am Ende der Partitur: „Lieber Gott – voilà, nun ist diese arme kleine Messe beendet. Ist es wirklich heilige oder ist es vermaledeite Musik? Ich wurde für die Opera buffa geboren. Wenig Wissen, ein bisschen Herz, das ist alles. Sei also gepriesen und gewähre mir das Paradies.”

Eine humorvolle Untertreibung Rossinis, denn diese 90 Minuten entsprechen einer groß angelegten Missa Solemnis. Dieses einzigartige Werk ist eine wirkungsvolle Mischung aus opernhaft angelegtem Belcanto und emotionsgeladenen melodischen Bögen, von Bach inspirierter Polyphonie und ausgeprägt positionierten harmonischen Markierungen. Gegen Kritik in Form von „zu spielerisch, zu unterhaltend oder zu opernhaft“ entgegnete Rossini, dass sich Heiterkeit, tänzerisches Element und Leichtigkeit wohl doch mit dem Lobpreis Gottes vereinbaren lassen. Der berühmte Choreograf Martin Schläper hatte das Stück in der Düsseldorfer Oper sogar als Ballett „vertanzt“. Hier der Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=sT30Qd_AL7A 

Problem vieler Chöre: Der Überschuss an Frauenstimmen

Der Siegburger OLEE-Chor (Oberstufe, Lehrer, Eltern, Ehemalige) wagt sich jährlich an ein großes Chorprojekt, ob aus Oratorien, Oper oder geistlicher Musik: Diesmal ist es die Petite Messe, aufgeführt in Siegburg und im Altenberger Dom. Dirigent Volker Caspari hat seinen sehr aufmerksamen Chor mit 60 Sängern*innen blendend vorbereitet, die Klippen in schnellen Fugen und bei himmlischer Ruhe erfolgreich zu umschiffen. Die Aufführung im Dom zeigte staunenswert, auf welch hohem musikalischem Niveau sich dieser Laienchor derzeit befindet: Klangschönheit, Homogenität, Durchsichtigkeit, gutes Textverständnis, Ausgewogenheit der Stimmen und Präzision in den Einsätzen. Die Virtuosität in den oft geteilten polyphonen Chorstimmen und den beiden großen Doppelfugen am Ende des „Gloria“ und des „Credo“ machte fast atemlos – die Hände zuckten da schon ein wenig zum Applaus etwa bei der aufpeitschenden Stretta des Chores “Cum sancto spirito”.

Sehr aufmerksam: Der Chor und Friederike Braun am Harmonium

Die Solistin Tina Bier glänzte mit hellem und reinem, sehr ausdrucksstarkem Sopran, strahlend ihr anfängliches „Gloria“, überzeugend lyrisch und berührend ihr Fronleichnamshymnus „O Salutaris Hostia“. Passend dazu Claudia Darius; ihr raumfüllender und dunkel-geheimnisvoller klarer Mezzo berührte insbesondere in der hochdramatisch ausklingenden Friedensbitte „Dona nobis pacem”. Beide dann als Duett total zum Schwärmen im „Qui tollis“. Dem etwas eindimensionalen, nur mäßig ausdrucksstarken Tenor von Fabian Strotmann hätte ein wenig mehr Glanz gutgetan; auch Christoph Scheeben hatte offensichtlich nicht seinen besten Tag, vor allem mit wenig Substanz bei den leisen Stellen; er schwankte in wechselnder Dynamik ständig zwischen den Stimmlagen. Aber vielleicht litt auch er unter der riesigen Hitze.

Verdiente Blumen: v.l . Christoph Scheeben, Fabian Strohmann, Volker Caspari, Claudia Darius, Tina Bieler

Reizvoll war auch die nicht einfache Klavierbegleitung durch Felix Volkmann, der durch ganz unterschiedliche Stimmungen das Orchester wirkungsvoll ersetzte, zusammen mit dem zarten Harmoniumklang durch die aufmerksame Friederike Braun. Zu schade, dass der Dirigent für das besinnliche Solostück “Preludio Religioso“ das Klavier bevorzugt hatte. Nach dem finalen “Agnus Dei“ herrschte im sehr gut besuchten Dom eine gefühlte Minute atemlose Stille und Spannung, die sich dann in jubelnden Applaus wandelte. Großes Kompliment an alle Beteiligten für dieses imponierende Konzert bei voller Kirche und trotz zeitgleichem Fußball-Endspiel.

Am Ende alle gut geschafft. hier noch mit dem Pianisten Felix Volkmann (3. v.r.)

Persönliche Lieblings-Aufnahme, sehr opulent und prächtig, auch komplett bei Youtube zu hören:

Aus dem Kölner Stadtanzeiger (Bergische Landeszeitung) vom 5.7.2019

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