Musik

Zwei Stunden Barock und kein bißchen müde

Dorothee Oberlinger und Olga Watts in Honrath

 

Text  von Michael Cramer

Fotos von Herbert Schäfer (1) und Michael Cramer

Dunkle, fast geheimnisvolle Töne entlockte die international berühmte Blockflötistin Dorothee Oberlinger ihrer großen Tenorflöte. Einem Instrument, wie man es nicht in jedem Musikstore um die Ecke kaufen kann; vielmehr lässt sie ihre Instrumente in der Schweiz bei der Firma Meyer anfertigen. Es lohnt sehr, mal in deren Webseite zu schauen https://meyerrecorders.swiss/. Es ist schon ein Glücksfall, „die Oberlinger“ zum dritten mal wieder in Honrath life zu erleben, zumal es für sie als Kölnerin fast ein „Heimspiel“ ist. Die begleitende Cembalistin Olga Watts lebt in München und ist sehr renommiert; als gebürtige Russin hatte sie in Moskau Klavier und Musikwissenschaft studiert und später in München Cembalo und Hammerklavier. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen arbeitet sie als Professorin für Korrepetition am Mozarteum in Salzburg, ebenso wie Dorothee Oberlinger.

Foto: Herbert Schäfer

Diese hat 2002 das „Ensemble 1700“ gegründet, mit dem sie europaweit konzertiert, als Dirigentin oder Solistin. Auch sie unterrichtet als Professorin in Salzburg und leitete das „Institut für historische Aufführungspraxis“. Zuletzt konzertierte sie in der Kölner Philharmonie www.kulturcram.de/2020/09/leidenschaft-und-liebesfreude-oberlinger-mit-scarlatti/ und war jüngst in Neuss im “Globe Theater” zu erleben http://www.kulturcram.de/2022/09/sommeroper-im-globe-neuss/

Also beste Voraussetzungen für ein rundum beglückendes barockes Konzert in der akustisch wunderbaren, fast ausverkauften kleinen Kirche. Und mit herrlich kontrastreicher Musik; so folgte der „Schirazula Mazurka“ von Georgio Mainero sein Tanz ” Lavandara Gaglarda“, jetzt auf einer winzigen hell klingenden Flöte gespielt. Es ist verblüffend zu sehen, mit welcher Sicherheit Oberlinger sich auf die verschiedenen Flöten umstellt; immerhin hatte sie sechs ganz unterschiedliche Modelle in ihrer Thermo-Tasche mitgebracht. Aber noch verblüffender ist es, wie sie Einfluss auf den Ton nehmen kann. Nur einfach reinblasen ist nicht; mit den Lippen, der Zunge, mit ausladenden Körperbewegungen, und natürlich mit dem Luftstrom formt sie ihre Töne von weich bis hart, von zart bis energisch, von heftig bis melancholisch, von staccato bis legato.

Erwähnt sei hier der Hornist Felix Klieser, der – da ohne Arme geboren – sein Instrument nur mit den Füßen spielt. Und der die Modulation der Töne halt nicht mit der Hand im Schalltrichter bewerkstelligen kann, sondern nur über den Ansatz mit den Lippen. Es lohnt, ihn mal bei YouTube anzuhören und zu sehen.

Das umfangreiche Programm umfasste neun weitere Stücke von bekannten Komponisten wie Monteverdi, Bach und Corelli, dazu Cipriano del Rore, Gottfried Finger und einem anonymen Komponisten. Olga spielte die Chaconne der Solo-Violine von Bach, BWV 1004, allerdings nicht selbst auf der Geige, sondern auf ihrem Cembalo in einer reizvollen Bearbeitung von Lars Ulrik Mortensen. Die Musikerinnen kommentierten ihre Stücke ansonsten selbst, charmant und fachkundig.

Das hübsche zweimanualige Instrument wurde 1972 von Klaus Ahrend gebaut; sein Besitzer Prof. Harald Hoeren ist selbst ein bekannter Cembalist und ein Freund der Honrather Konzerte; er überlässt das Instrument gerne, auch wenn er nicht selbst auftritt, und verfolgte das Spiel von Olga hoch aufmerksam und sehr zufrieden. Und nach knapp zwei Sunden und jubelndem Applaus im Stehen hatten die Musikerinnen natürlich noch eine Zugabe parat.

Die Künstlerinnen mit Marita Cramer und Dr. Herbert Schäfer vom Vorstand
Prof. Harald Hoeren, Besitzer des Cembalos

Dorothee Oberlinger beweist mit der Fingerfertigkeit und Leichtigkeit ihres Spiels, daß auch alte Musik spannend ist, wenn sie so virtuos gespielt wird wie von ihr; das letzte Stück, Corelli´s  “La Folia”, endete mit atemberaubenden Läufen und Kaskaden und entsprechendem jubelnden Applaus. Denn die Blockflöte ist keinesfalls das “Schreckensinstrument des Kinderzimmers”, wie immer wieder geunkt wird. Dorothee Oberlinger entfacht auf ihren Instrumenten eine Musik mit staunenswerter Leichtigkeit und Präzision. Und da sind auch zwei Stunden keinesfalls zu lang.

Wer sich am 12. 11.2022 nach Herne zu fahren traut: “L´Huomo” von Andrea Bernasconi, eine selten gespielte Barockoper mit dem Ensemble 1700 und einer erlesenen Sängerriege. Es gibt wohl noch Karten. www1.wdr.de/radio/wdr3/programm/sendungen/wdr3-konzert/konzertplayer-klassik-tage-alter-musik-in-herne-dorothee-oberlinger-ensemble-siebzehnhundert-100.html

Nächstes Konzert:  26. Dezember um 17:00 Uhr mit festlicher Barockmusik, es spielt das Trompeten Consort Friedemann Immer.

Förderkreis für Musik in der Kirche Honrath e.V., Tickets unter www.musik-honrath.de

 

 

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