Musik

30 Jahre Festival in Knechtsteden – und kein bisschen müde

Ist Ihnen eigentlich „Ferdinand Ries“ ein Begriff ? Nun, wenn nicht, ist das keine Schande. Der Musiker und Beethoven-Schüler (1784-1838) geriet nach seinem Tode rasch in Vergessenheit, obwohl er ein weitgereister  Pianist war und ein riesiges Oeuvre hinterlassen hatte, darunter allein fünf  Opern und Oratorien, neun Sinfonien, etliches an Kammermusik, Werke für Klavier solo und Einzelkonzerte, überwiegend für Klavier, aber auch Raritäten wie z.B. ein Konzert für zwei Hörner. Interessant ist Ries natürlich als Zeitzeuge Beethovens, der sich nahezu liebevoll um seinen zunehmend ertaubten Meister bemühte und ihn sogar als Gast nach London holen wollte. Was dann aus gesundheitlichen Gründen allerdings entfiel.

Ferdinand Ries ist eigentlich zu Unrecht vergessen, zunehmend werden aber CDs mit seinem Werk veröffentlicht; das – coronabedingt ausgefallene –  Bonner Beethovenfest BTHVN 2020 – dürfte hier etwas Anschubhilfe geleistet haben. Sogar eine Ries-Gesellschaft in Bonn seiner Heimatstadt, hat sich etabliert, um sein Werk zu pflegen und weiter zu erforschen: https://www.ferdinand-ries.de/

Der Dirigent Hermann Max, *1941, ein studierter Kirchenmusiker, hatte die „Rheinische Kantorei“ und auch das Barockorchester „Das kleine Konzert“ gegründet. 1992 rief er erfolgreich ein Musikfestival im Kloster Knechtsteden in der Nähe von Dormagen ins Leben, welches seither im September in der stimmungsvollen Basilika des Spiritanerordens und in originellen Nebengebäuden stattfindet.

 

Von weither kommen jährlich die Barockfans angereist, um exzellente Musiker mit ebenso exzellenter Barockmusik zu erleben; Hermann Max ist als Intendant, ideengebender Mentor und Dirigent immer noch im Boot. Wenn man ihn mal erlebt hat: Er ist lebender Beweis für „Arbeit hält fit“. So hat er für das 30-Jahre-Jubiläums-Eröffnungskonzert neben der berühmten 6. Sinfonie von Beethoven den besagten Ferdinand Ries in den Mittelpunkt- nein an den Anfang – gestellt und dazu mit dem „ensemble reflektor“ ein exzellentes Orchester aus Hamburg anreisen lassen. Für die gut 50 untereinander befreundeten Musiker, welche ihre Konzertprogramme selbst entwickeln, war der Raum in der Apsis schon recht knapp, zumal auch mit Florian Donderer, Hanna Zumsande und Matthias Vierweg noch Platz für die Solisten notwendig war. Und für ihren Dirigenten Thomas Klug, ehemals Konzertmeister bei der renommierten Bremer Kammerphilharmonie, aus der das ensemble reflektor hervorgegangen war. Klug ist überdies auch Professor für Violine und Kammermusik an der Musikhochschule Bremen.

 

Die Sopranistin Hanna Zumsande, viel gefragte Konzertsolistin, brillierte sehr ausdrucksstark  im Oratorium von Ries  „Die Könige in Israel“ als Michol  mit „O Jammer nicht zu nennen“ und dürfte dabei nicht wenige Zuhörer zu Tränen gerührt haben. Im Wechsel mit ihr sang Mathias Vierweg  den Saul mit mächtigem, wohlklingendem Bariton, beide sensibel begleitet vom Orchester unter Thomas Klug. Man merkte, dass Klug sehr wohl wusste, was er da dirigierte.

 

Dann der Geiger Florian Donderer, Primarius des hoch geschätzten Signum-Quartetts, auch in der Kölner Philharmonie zu erleben. Er ging im Konzert für Violine und Orchester e-Moll, op. 24 seinen solistischen Part musikalisch recht unbekümmert an, und glänzte auch in den virtuosen Stellen mit hervorragender Technik. Es ist schon erstaunlich, denkt man beim Hören dieser fantastischen Musik, dass Ries so schnell vergessen wurde. Für den intensiven Beifall bedankte sich der sympathische Geiger mit Johann Sebastian Bach und dessen Andante aus der Violinsonate a-Moll, ein mit zwei- und -dreistimmigen Passagen schon sehr schwierig zu spielendes Werk.

 

Nach so viel „Einleitung“ dann Beethoven mit dem Klasssiker „Pastorale“, der 6. Sinfonie.  Nach dem Komponisten ist sie „mehr Ausdruck der Empfindung als die Malerei“, man hört regelrecht die Stimmen der Natur. Das prächtige Orchester glänzte mit wohltönendem Blech und lustig klappernden Holzbläsern. Leider stört der erhebliche Nachhall den Musikgenuss nicht unbeträchtlich; vielleicht sollte man die Orchestergröße ein wenig reduzieren. Aber auch hier brausender Beifall des begeisterten Publikums.

Text und Konzert-Fotos von Michael Cramer

 

Kommentare deaktiviert für 30 Jahre Festival in Knechtsteden – und kein bisschen müde