Musik

„KammerMusikKöln” im wiedereröffneten „Belgischen Haus“

Belgische Komponisten im großartigen Eröffnungskonzert

30.10. 2019

Text und Fotos: Michael Cramer

Gott sei Dank, er wird wieder bespielt. Die Rede ist vom schmucken Vortragssaal im Belgischen Haus gegenüber dem Rautenstrauch-Joest-Museum, einem wunderschönen Bau von 1950, der auch das Belgische Konsulat und ein hervorragendes Restaurant beherbergte, letzteres allerdings leider nicht für die Öffentlichkeit. Der belgische Staat schloss das Konsulat und verkaufte das Gebäude 2015 an einen privaten Investor mit der Folge, dass durch Köln ein allgemeiner Aufschrei erschallte, das Haus und vor allem den Saal doch bitte der Öffentlichkeit zu erhalten. Ein eigens gegründeter Verein „Freunde des Belgischen Hauses e.V.“ www.fbh.koeln kümmert sich engagiert um den kulturellen Austausch Belgien-Deutschland und um die weitere Nutzung des Gebäudes. Und das mit doppeltem Erfolg. Zum einen wird das Gebäude für die nächsten Jahre als Interim für das sanierungsbedürftige Römisch-Germanische Museum genutzt (Eröffnung wohl noch in diesem Monat), zum anderen ist der Vortragssaal in alter Pracht und vor allem im Originalzustand wieder erstanden. Alles blinkt und blitzt, selbst der Marmorfußboden scheint gründlich aufpoliert worden zu sein. Auch einen prachtvollen, wohlklingenden Flügel gibt es, eine vorläufige Leihgabe des Kölner Klavierhauses Bechstein.

Das Belgische Haus ist Heimat des Vereins www.kammermusikkoeln.de, gegründet 2011 von Musikern und Kölner Bürgern, um dieser in Köln vernachlässigten Sparte eine feste Heimat zu geben; idealer Spielort war dieser optisch und akustisch wunderbare, holzgetäfelte Saal, aber halt nur bis zum Verkauf. In der Folge spielte man im historischen wie originellen Sancta Clara-Keller unter einem privaten Wohnhaus fast neben dem Römerturm http://sancta-clara-keller.de, und nun wieder an alter Stelle sowie auch in Bonn im „Historischen Gemeindesaal“ https://www.historischergemeindesaal.de.  Es ist sehr erfreulich, dass die „KammerMusikKöln“ für ihre gut nachgefragten Konzerte in dieser Saison sogar vier „Locations“ hat, die zumeist an 2 Tagen Sonntag/Montag hintereinander bespielt werden. Organisatorisch liegt das alles in Händen der Geschäftsführerin Monika Hermans-Krüger, über welche die Musiker auch privat gebucht werden können. Sie begrüßte neben den reichlich erschienenen Konzertbesuchern auch den zweiten Vorsitzenden des Freundesvereins, Herrn Jochen Heufelder und natürlich Peter Tonger, unermüdlicher Kulturschaffender und Vorsitzender von KammerMusikKöln; er füllt regelmäßig die schriftlichen Abendprogramme mit Leben.

Das Quartett mit  Natalie Chee, Matthias Buchholz, Lucas Blondeel , Oren Shevlin (v. links)

Durch den seitlichen Nebeneingang betrat man das Haus, in dem die späteren Ausstellungsräume noch sorgfältig verdeckt waren; Museumsdirektor Prof. Dr. Markus Trier wollte Vorabberichte über das Interim-Museum verhindern, erlaubte aber großzügig schon einmal die Nutzung des Saales. Und in diesem erklang – was denn auch sonst – Musik Belgischer Komponisten aus der späten Romantik. Giulleaume Lekeu, ein bereits mit 24 Jahren an Typhus verstorbener Shooting-Star als Komponist, Organist und Hochschullehrer, hat ein einfach wunderschönes Klavierquartett mit Streichern in F-Dur geschrieben, hoch professionell, sehr einfühlsam und klangschön von Natalie Chee, der neuen ersten Konzertmeisterin des Gürzenichorchesters, von Matthias Buchholz, Hochschullehrer für Viola zuvor in Genf und jetzt in Köln, dem englischen Cellisten Oren Shevlin, international unterwegs und Professor in Würzburg, und dem Belgier Lucas Blondeel am Klavier, ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen und Professor an der Universität der Künste in Berlin. Es ist schon sehr erstaunlich, welch hochkarätige Musiker in dieser Kammermusikreihe zu erleben sind. Was aber auch daran liegt,  daß  die Gründungsmusiker (Orchestersolisten und Hochschulprofessoren)  die KammerMusikKöln auch selbst weiterhin bespielen und dann gelegentlich gleichrangige Musiker wie Natalie Chee oder Lucas Blondeel dazu einladen .

Nach dem Quintett mit Juta Öunapuu-Mocanita, (2. von links)

Emmanuel Durlet, ein belgischer Komponist und Pianist, hat mit „Chrysanthemum“ ein träumerisches, an Ravel erinnerndes virtuoses Klavierstück geschrieben, von Blondeel charmant und mit blitzenden Läufen fast zelebriert. Nach der Pause dann ein kammermusikalisches Schwergewicht, das Klavierquintett f-Moll des Belgiers César Franck, an der zweiten Geige die Estin Juta Öunapuu-Mocanita, Mitglied im Gürzenich-Orchester. Auch hier erfreute eine wunderbare Harmonie der Musiker untereinander, das eher weniger bekannte Stück wurde spannend und fast abenteuerlich dargeboten. Der anschließende gemeinsame Umtrunk mit Musikern und Organisatoren in der benachbarten Traditionskneipe „Bei d´r Tant´“ zeigte eindeutig die große Freude und Genugtuung, diesen herrlichen Saal wieder musikalisch füllen zu können.

Peter Tonger mit einer  Zuhörerin bei der “Nachlese”

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