Kunst

“Inside Rembrandt” auch im Kölner Zentrum “inside”

“Inside Rembrandt” im Wallraf-Richartz-Museum Köln

Text und Fotos: Michael Cramer

„Ein echter Rembrandt“ – das ist gängiges Synonym für ein klassisches, teures und hochwertiges Gemälde, auch verwendet für die Klassifizierung von Museen „die haben sogar echte Rembrandts“. Klar, die Gemälde des Leidener Barockmeisters sind künstlerische Highlights, die wirklichen Fans hecheln von Museum zu Museum. Aber das ist zur Zeit nur bedingt nötig, denn es reicht derzeit, mit dem ICE zwischen Köln und Amsterdam zu pendeln. Denn das Wallraf-Richartz-Museum in Köln hat zu dessen 350. Geburtstag eine große Sonderschau eingerichtet: „Rembrandt inside“; dazu  muss man wissen, daß in den Niederlanden weniger “echte” Rembrands in den Museen hängen als in Deutschland. Egal – die „krumme“ Zahl verwundert ein wenig, aber anderweitig ist auch mit Ausstellungen des Malers gedacht worden, so in Amsterdam mit der großen Sonderaussttellung „Alle Rembrandts“, in Den Haag, im Louvre von Abu Dhabi, Leiden, Dresden und im Kanadischen Kingston.

Museumschef Dr. Marcus Dekiert bei der Begrüßung der Presse

Da wird es manchmal eng mit Ausleihen, aber hier hat die Kuratorin Dr. Anja Svezik ganze Arbeit geleistet: Immerhin hat sie 15 Gemälde, 41 Radierungen und fünf Zeichnungen aus der ganzen Welt temporär „ergattern“ können, eine erstaunlich hohe Zahl angesichts der konkurrierenden Museen. Hochkarätige Leihgeber sind neben dem Amsterdamer Rijksmuseum auch das Metropolitan Museum New York, die Pinakothek in München, dazu Museen in Stockholm, München und Washington. Das großformatige faszinierende Gemälde „Der Gelehrte im Studierzimmer“ kommt von der Prager Nationalgalerie, Kooperationspartner des Wallraf. Der Wissenschaftler doziert nicht etwa, sondern ist tief in Gedanken versunken; das wenig bekannte Bild  wurde überhaupt erst zum zweiten Male ausgeliehen. Und hängt sehr wirksam in der architektonisch hervorragend gestalteten Ausstellung, auf mauvefarbenen Wänden mit vielen faszinierenden Sichtachsen, auch als Hintergrund bei der Pressekonferenz. Ergänzt wird die Präsentation von Arbeiten seiner Zeitgenossen und Schüler wie Jan Lievens, Gerrit Dou, Govert Flinck und Ferdinand Bol. Und von einer Ausstellung „Rembrandts graphische Welt“, die allerdings arg im Schatten steht von “Inside Rembrandt”. Wen wundert´s, Ölschinken machen halt mehr her.

Kuratorin Dr. Anja Svezik  bei der Pressekonferenz

Die Bilder zeigen vor allem eines: Rembrandt war ein „Seelenwärmer“ und „Menschenmaler“, wie Dekiert und die Kuratorin sehr anschaulich erläuterten. Wenn er auch zum bestbezahlten Maler seiner Zeit aufstieg und es schaffte, sein Werk und seinen Malstil als „Marke“ zu etablieren, so endete er im Bankrott, nachdem zwei seiner Töchter und seine geliebte Frau Saskia, vielfach in seinem Werk gemalt, tot waren. Wenn man sein spätes „Selbstportrait als Zeuxis“ von 1662 betrachtet, glaubt man dem ungeschönten alten Mann sofort seine Verzweiflung. Zeuxis ist der antike Maler, der sich der Sage nach zu Tode lachte, als er eine hässliche alte Frau porträtieren sollte. Vielleicht ist das Bild ein Zeichen von Selbstironie: Rembrandt erkennt an seinem Lebensende die eigene Überheblichkeit. Das Bild ist übrigens dauerhaft im Bestand des Wallraf-Museums.

Sehr reizvolle Sichtachsen

Die Kuratorin hat die Ausstellung chronologisch angeordnet und wie Akte einer barocken Oper bezeichnet. Von Leiden ging Rembrandt wegen der dortigen künstlerischen Enge nach Amsterdam, wo erst einmal eine Genehmigung zur Niederlassung und die Mitgliedschaft in einer Gilde beschafft werden musste. Aber hier machte er rasch Karriere, leistete sich eine Werkstatt mit vielen Assistenten, wurde zum Star der Kunstwelt. Allerdings mit dem Nachteil, dass oftmals seine eigene Urheberschaft fraglich ist, denn seine vielen Schüler haben ihn versucht nachzuahmen. Auch hat er Werke seiner Schüler nachgebessert oder diese seine Arbeiten vollendet. Aber das dürfte ihn damals kaum gejuckt haben, jedoch umso mehr die heutige Kunstwelt. So hatte die renommierte Stuttgarter Nationalgalerie viel Geld für ein Selbstportrait ausgegeben, welches sich dann doch als nicht „selbst“ herausstellte. Aber auch „Der Mann mit dem Goldhelm“ aus der Berliner Nationalgalerie ist nicht von ihm. Seine über 90 Selbstportraits – bei http://www.rembrandtpainting.net/rembrandt_self_portraits.htm sind viele abgebildet -könnten ihm locker den Titel „Selfie-Maler“ zukommen lassen. Er hat sich sogar als „lachenden Greis“ selbst porträtiert, ein beinahe abstraktes Bild. Auf eine ähnlich große Zahl an Selbstbildern dürfte der sehr jung gestorbene österreichische Shootingstar Egon Schiele (1890 –1918) kommen.

Stelle der Pressekonferenz am 30.10.2019

Rembrandt´s „Apostel Bartholomäus“, das eindrucksvolle letzte Werk in der Ausstellung, ist stilistisch ein vorweg genommenes frühes 20. Jahrhundert, an die ausgemergelten Gestalten eines Max Liebermann erinnernd; es ist mit seinem breiten Pinselstrich absolut untypisch für die Barockmalerei. Rembrandts Gesichter sind einfach unglaublich gut gemalt, zeigen schonungslos alle Spuren des Alters, sprechen den Betrachter total an, sind kunstvoll und oft spirituell in Licht und Schatten getaucht, wirken zeitlos, und dennoch mit einer magischen Präsenz. Und tauchen oft unvermittelt aus der Dunkelheit auf.

… noch nicht alles ausgepackt

Ganz anders dagegen die Nymphen auf einem „Wimmelbild“, dem „Bad der Diana“ aus der griechischen Mythologie. Hier findet sich in der unteren Ecke ein kleiner Frosch, der einzige aus Rembrandts Oeuvre. Denn die Ausstellung ist auch kindgerecht in einem Hörspiel und mit einem Comic aufgearbeitet. Dazu klebt vor den für Kinder wichtigen Bildern ein grüner Frosch auf dem Boden, eine entzückende Idee der Kuratorin.

Saskia van Uylenburgh, Rembrandts Ehefrau

Die Ausstellung fordert dringend dazu heraus, Rembrandts Bilder nicht im Katalog, sondern zunächst im Museum mit eigenen Augen und mit viel Zeit anzuschauen. Die Gelegenheit hat man bis zum 1.3. 2020, man sollte sie unbedingt nutzen. Danach kann man sich immer noch den aufwendigen Katalog anschauen (Museumspreis knapp 30.- €) oder sich die Bilder noch einmal bei Prof. Wikipedia vor Augen führen. https://de.wikipedia.org/wiki/Inside_Rembrandt_%E2%80%A2_1606%E2%80%931669

Und was nicht im Katalog steht: Das Museum hat vorab der Ausstellung in einer Umfrage nach Objekten gefahndet, die mit Rembrandt in Verbindung stehen. Zusammengekommen ist ein Sammelsurium an Kunst, Kopien und Kuriositäten, alles in einem Extra-Raum ausgestellt.vom Rembrandt-Socken, über Zahnpasta, klassische Merchandise-Objekten wie Bierdeckel und gestickte Original-Bilder.

Und nach alldem vielleicht noch einen gründlichen Blick auf den „Amsterdam Machsor“ in der 2. Etage werfen, ein einzigartiges mittelalterliches Zeugnis jüdischer Religion und Geschichte in Köln. Hier Details:  https://www.kulturcram.de/2019/10/ein-schatz-kehrt-heim-der-amsterdam-machsor/

www.wallraf.museum

 

 

 

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