Der Maskenball mal etwas anders
Verdis „Maskenball“ – mal aus einer anderen Perspektive
Auch wenn sich der Umzug des Staatenhauses an den Offenbachplatz ewig hinzieht (der letzte “Eröffnungstermin” ist auch schon wieder geplatzt), ist es sinn- und reizvoll, die sehr breite und tiefe Bühne weiterhin auszunutzen. Viele großartige, opulente Inszenierungen haben das in der Vergangenheit eindrucksvoll gezeigt. Einsamer Höhepunkt waren „Die Soldaten“ von Zimmermann, das Stück wurde leider nicht in den nächsten Spielplan übernommen. Und: wer sein Abo wegen des Staatenhauses gekündigt hatte und auf den Offenbachplatz warten wollte, der hat jede Menge Opernglück verpasst.
Schön breit und schön tief war es auch im „Maskenball“ von Verdi, dem Klassiker der italienischen Oper. Und das in einem einzigen Szenenbild, einem Saal mit vielen Säulen und integriertem Hintergrund, alles von Bühnenbildner Ben Baur. Die eigentliche Geschichte, inszeniert von Jan Philpp Gloger, sei hier mal vernachlässigt, sie ist wohl allgemein bekannt. Meine Pressekarte (die Premiere konnte ich wegen eines anderen Konzertes mit einem Trio aus drei Stradivaris (!) nicht besuchen) konnte ich mir aussuchen, und setzte mich in die erste Reihe, gleich neben zwei Opernliebhaber, die da immer sitzen.
Der Effekt dieses Platzes ist schon verblüffend, zumal die Bühne zum Zuschauer nur eine kleine Brüstung hat und einen ungestörten Blick ermöglicht. Die Übertitel konnte man zwar nicht lesen, aber die Intensität der Stimmen und der Musik ist schon ganz großartig. Und man kann die Augenbewegungen der Sänger verfolgen, die auf die Monitore mit dem Dirigenten schauen müssen, aber möglichst unauffällig.
Nicht ganz einfach. Zumal hier das Orchester komplett links saß. Der Dirigent Giuliano Carella, ein Meister des italienischen Fachs, der sich nur gelegentlich zur Bühne drehen konnte, schaffte es, alle Einsätze über den Monitor zu geben, er sang erkennbar mit. Maestro, ganz großes Kompliment für Ihr Dirigat. Das Gürzenichorchester, welches ihn sehr schätzt, folgte ihm perfekt, u.a. mit einem traumhaften Cellosolo von Bonian Tian.
Verblüffend war die Italienerin Agostina Smimmero als Ulrica, eine solch tiefe Stimme (Contralto), die auch zu ihrem üppigem Kostüm passte, hatte ich noch nie gehört. Dem Vernehmen nach spricht sie auch konsequent nur italienisch im Gegensatz zu den anderen Akteuren.
Hier wurde auf sehr hohem Niveau gesungen, Gaston Rivero beglückte mit zarten Piani und Strahlkraft in den Höhen, ebenso Simone del Savio in seinem Rollendebut als Renato. Auch Astrik Khananiryan debütierte als Amelia äußert achtbar, und wie immer sehr schön zu sehen und zu hören ist Wolfgang Stefan Schweiger. Und natürlich die junge Israelin Hila Fahima als Page Oskar, mit einem flexiblen und verblüffend intensiven Sopran.
Noch besonders zu loben ist Sybille Wallum für ihre fantastischen Kostüme, es scheint, dass jeder Chorsänger (und das sind viele) ein ganz anderes Gewand hat. Da war die Kostümabteilung schon sehr gefordert.
Vor der letzten Aufführung am 4.Mai veranstaltet die Oper zusammen mit der Stadtbibliothek an Hand des Maskenballs eine „Spurensuche“ in der Bibliothek und im Staatenhaus https://shop.oper.koeln/webshop/webticket/bestseatselectbyblock?eventId=601
Vielleicht sehen wir uns ja dort.
Letzte Aufführung am 4. Mai, es gibt noch Karten
Fotos: © Sandra Then
Rezension: Michael Cramer