40 Jahre und kein bisschen leise
Festkonzert zum Jubiläum in der Kirche Honrath
Da gibt es auf der Anhöhe zwischen Overath und Siegburg den kleinen Ort Honrath mit einer hübschen, weithin sichtbaren Kirche, in der seit 40 Jahren eine Konzertreihe veranstaltet wird. 40 Jahre, wirklich ? Diese Konzerte sind unter Musikern sehr bekannt, viele melden sich von sich aus, um hier spielen zu dürfen, und das nicht nur zu Corona Zeiten. Sechs Konzerte gibt es im Jahr, immer sonntags 17:00 Uhr mit einem vielseitigen Programm über Klassik, Barock und Jazz. Und sie sind so bekannt, dass bei Nachfragen zur Kirche meist kommt: „… da wo die Konzerte immer sind?“ Das gab auch die Pfarrerin bei ihrer Begrüßung zum Jubiläumskonzert unumwunden zu. Die Musiker machen die Kirche bekannter, dafür dürfen sie hier mietfrei auftreten – ein echter Win-Win-Deal.
Über die Jahre hat sich der Vorstand immer mal verjüngt, aktueller Vorsitzender ist Prof. Franz Wingen. Mit 31 Jahren am längsten dabei ist Marita Cramer, ehemalige Konzertagentin moltovivace.de, früher auch im Vorstand, seit Jahren aber die künstlerische Leiterin. Ihre vielfältigen Kontakte in der Musikszene, ihre Kenntnisse und auch ihr Verhandlungsgeschick haben es geschafft, auch hochpreisige Solisten zu akzeptablen Honoraren zu verpflichten. Denn die Konzerte müssen sich bis auf geringe Sponsorengelder selbst finanzieren, auch die Eintrittsgelder um 18.- € sollen verträglich sein. Die Laudatio auf den Verein hielt Friedrich-Wilhelm Bauer, ehemaliger Vorstand, Marita Cramer kamen glatt ein paar Tränchen. Hier seine Ansprache (PDF)
Das Besondere an der Kirche ist die ausgezeichnete Akustik; so hat der WDR hier oft aufgenommen, auch das berühmte Auryn-Quartett hat sämtliche Haydn- Quartette hier produziert und ist zum Dank auch mehrfach aufgetreten. Zum Jubiläumskonzert mit vielen VIPs, Sponsoren und Ehrengästen sollte es wieder etwas Besonderes sein; zugesagt hatten zwei Cello-Jungstars, Schüler der berühmten Professorin Maria Kliegel, dazu eine Pianistin mit dem Programm „Farbenreiche Welt der Violoncelli“. Das war sie wirklich, denn die beiden Celli unterschieden sich nicht nur in der Farbe, sondern klangen auch sehr unterschiedlich. Das ältere von Roger Morelló-Ros ist von 1743, sanft und geheimnisvoll im Ton, während der junge Taiwanese Edward Tzu-Shao Chao ein neuzeitliches Exemplar spielt, heller und frischer im Klang. Ihre Lehrerin dazu: „Da hat jeder das richtige Instrument für sich“. Vergleichen konnte man sie im Duo Nr. 2, Op. 24 von Jaques Offenbach. Hier spielen sie abwechselnd die Führungsstimme in bester Operettenmanier, wunderbar und ein wenig zum mitwippen. Auch Prof. Kliegel -“ich kenne da jedes Nötchen”- spielte im Geiste mit, wie man sehen konnte.
Roger Morelló-Ros brillierte dann mit der schwierigen Sonate für Violoncello und Klavier No.2 D-Dur, op. 58. Der junge Musiker (*1993) tritt in vielen wichtigen Konzertsälen der Welt auf und hat etliche große Preise gewonnen. Sein spanisches Temperament kann er nicht verstecken, ebenso seine immense Fingerfertigkeit und Musikalität. Edward Tzu-Shao Chao ist erst 20, begann mit 4 Jahren mit dem Cello und ist ebenfalls auf dem Weg zu einer internationalen Karriere. Der fast schmächtig wirkende und von allen nur Edward genannte Cellist hat 2018 den Wettbewerb des Lions-Club Köln für ein Stipendium an der Kölner Musikhochschule gewonnen, studiert seither bei Maria Kliegel und hat seither an zahlreichen Meisterkursen teilgenommen. Seine hohe Musikalität und stupende Spieltechnik geht er aber eher lässig an, mit exzessiver Mimik und schnellen Fingern.
Am Klavier begleitete die beiden Künstler die Japanerin Megumi Hashiba, ebenfalls Dozentin an der Kölner Hochschule, sehr charmant und einfühlsam.
Bei der Cellosonate FP 143 von Francis Poulenc war dann wieder Tau-Shao Chao am Zug- nein am Bogen, während am Schluss beide noch mal loslegen durften mit „Requiebros“ von Gaspar Cassadó I Moreu, ein Stück eigentlich für Cello und Klavier, hier halt mit 2 Celli. Ist ja auch nicht falsch. Nach dem brausenden Applaus konnte man natürlich noch eine Zugabe genießen: ein Bravourstück von Schostakowitsch.
Und wie es sich gehört, gab es bei bestem Wetter vor der Kirche einen Empfang mit edlen Getränken und leckerem Fingerfood, netten Fachgesprächen und Plausch mit alten und neuen Musikfreunden. Und natürlich auch mit den Musikern. Wo hat man so etwas denn sonst ?
Prof. Wingen, M. Cramer, F.W. Bauer (v.l.)Rezension und Fotos: Michael Cramer
Das nächste Konzert am 4. September: Vivi Vassileva Schlagzeug und Lucas Campara Diniz Gitarre