Museen

Der geteilte Picasso im Museum Ludwig

Der geteilte Picasso. Wie bitte ?

Pressekonferenz, links Yil­maz Dziewior, rechts die Kuratorin.

Welch merkwürdiger Titel für eine Picasso-Ausstellung – längs oder quergeteilt, absichtlich oder etwa das Ergebnis von Vandalismus ? Ein forschender Blick auf das Plakat beantwortet nach kurzem Nachdenken die Frage: Geteilt ist der Name PICA-SSO, grafisch geschickt zwischen BRD und DDR. Also keine echte Picasso-Ausstellung für den Gemälde-Gourmet, sondern eher ein Bilder-Suchlauf zwischen jeder Menge Politik. So hatte man schon viel Mühe, die 40 Originale zu entdecken zwischen Unmengen von Veröffentlichungen, Presseausschnitten, Kopien; sogar Leserbriefe sind vorhanden, die sich über den Ankauf hochpreisiger, aber total  unverständlicher Werke beschweren.

Julia Friedrichs (rechts während der Pressekonferenz) ist die Kuratorin der Ausstellung; sie hat zwei Jahre daran gearbeitet, sich durch tausende Dokumente zu quälen. Das Ergebnis ist eine breit gefächerte, eher politische Dokumentation des Jahrhundertkünstlers Pablo Picasso. Wobei es weniger um seine Werke geht, sondern um sein Publikum. So hat Friedrich es geschafft, das politische Gemälde „Massaker in Korea“ von 1951 aus Paris nach Köln auszuleihen, zusammen mit ca. 150 Exponaten wie Plakate und Kataloge, Ausstellungsansichten, Akten, Presse- und Fernsehberichte. Das Ganze originell und kunstvoll arrangiert von Eran Schaerf. Dazu den Original-Theatervorhang aus dem Berliner Ensemble, auf den Berthold Brecht die streitbare Friedenstaube „meines Bruders Picasso“ malen ließ. Und den eigens für diese Ausstellung produzierten Film von Peter Nestler „Picasso in Vallauris“, der in voller Länge zu sehen ist.

Der Kuss – Picasso gegen Rodin.

Übrigens: Picasso ist derzeit auch in Paris aktuell, im Rodin-Museum. Hier werden Werke des alten Rodin mit denen des jungen Picasso gegenübergestellt. Sehr spannende Vergleiche.

“Massaker in Korea” oben und unten im Hintergrund

Was wenig bekannt ist: Picasso war seit 1944 Mitglied der kommunistischen Partei Frankreichs, also ein Mann beider Seiten, und damit ein gefundenes Fressen für die DDR. Picasso reiste zu Friedenskongressen und entwarf die Plakate, porträtierte sogar Stalin zu dessen Geburtstag. So haben dann beide Seiten versucht, den Künstler für sich zu beanspruchen – und die Ausstellung versucht dabei zu helfen. Welche Werke wurden im Westen und welche im Osten protegiert ? Und wie reagierte Picasso selbst auf den Konflikt ? Zweifellos war er ein politischer Maler; im „Leichenhaus“ ging es um NS-Gräuel, im „Massaker“-Bild stigmatisiert er ein US-amerikanisches Kriegsverbrechen; berühmt ist sein Anti-Kriegs-Bild „Guernica“ über den Angriff deutscher Bomber auf die spanische Baskenstadt. Mit seiner „Friedenstaube“, tausendfach publiziert und ständig variiert, identifizierte er sich mit der sozialistischen Friedensbewegung. Sie war vermutlich populärer als die offiziellen DDR -Symbole Hammer und Zirkel im Ährenkranz. Allerdings hatte das Volk schon große Probleme mit seiner Malweise, in der es sich kaum wiedererkennen konnte.

“Massaker in Korea” oben und rechts im Hintergrund

Im Westen hatte Picasso sehr große Erfolge, man feierte ihn als Erneuerer der Kunst, als Genie – wohl auch etwas neidisch auf seine wirtschaftlichen Erfolge  – mit Casanova-Allüren. Aber der politische Picasso wurde einfach unterschlagen, Kunst hatte im Westen unpolitisch zu sein. So hatte man z.B. Probleme, „Guernica“ in München auszustellen, und hat es einfach als „Mahnung vor künftigen Kriegen“ uminterpretiert. Der Gang durch die Ausstellung braucht seine Zeit, es ist ein köstliches intellektuelles Vergnügen, ist auch ein Weg durch die Zeit des kalten Krieges, eine neue Art der Kunstwahrnehmung. Die mit einem einmaligen Besuch der Ausstellung kaum zu schaffen ist.

Die Ausstellung ist gefördert von der „Peter und Irene Ludwig Stiftung“; das Museum Ludwig besitzt durch großzügige Schenkungen von Peter Ludwig die drittgrößte Sammlung an „Picassos“ nach Madrid und Paris.

Für diese Ausstellung wurden die Öffnungszeiten des Museums verlängert: Di-So 10:00-20:00 Uhr, jeder 1. Donnerstag 10-22:00 Uhr

Viele Informationen zum Rahmenprogramm unter www.der-geteilte-picasso.de


 

Kommentare deaktiviert für Der geteilte Picasso im Museum Ludwig