Rezensionen,  Theater

Himmel und Kölle – ein Muss für jeden Kölner

 

Ein himmlisches Vergnügen in der Domstadt

 

Fotos: ©Thomas Brill

www.himmelundkoelle.de 

 

Wer die Heiligen Drei Könige bzw. deren Knochengerüste einmal hinreißend tanzen und steppen sehen möchte, dem sei der Besuch des neuen Köln-Musicals „Himmel und Kölle“ wärmstens ans Herz gelegt. Diese Szene, wo die Skelette aus ihrem Schrein steigen und mit ihren Knochen regelrecht hörbar zu klappern scheinen, ist einer der Höhepunkte einer aberwitzigen, blendend getanzten und gesungenen, herrlich ausgestatteten und choreografierten Show über unsere Stadt: liebevoll, aber auch kritisch, mit höchst originellen Gags, blitzenden Dialogen, mit Life-Musik und einer witzig gemachten Bühne.  Das Stück hatte im letzten Jahr bereits Premiere, nach nur 4 Aufführungen schlug Corona gnadenlos zu.

 

Nix war mehr mit Theater. Nun haben sich Produzent Franc Blase und der Regisseur Gil Memert, auch für die Ausstattung/Bühne verantwortlich, mutig zusammengesetzt: „Wir lassen das Ding nochmal krachen“. Derzeit sicher keine einfache Entscheidung, aber die Produktion stand ja und war mehrfach sehr erfolgreich gelaufen mit blendenden Kritiken, und das Team stand bis auf den Taxifahrer zur Verfügung.

Die Story stammt schon ein wenig aus dem Leben: ein frisch geweihter Priester mit blendendem Examen soll seine erste Pfarrstelle antreten, aber nicht irgendwo idyllisch auf dem Lande, sondern gleich mitten im Leben, und das ist natürlich Köln. Sein Vorgesetzter Bischof: „Unsere Besten schicken wir immer dort hin“ – wie es die Vergangenheit ja auch gezeigt hat. Denn Köln ist eine der frommsten Städte der Welt. Soeben und ohne Vorwarnung auf der Domplatte angekommen gerät der Jungpfarrer Elmar (ausdrucksstark und mit herrlichem Bariton: Markus Schneider) an die quirlige Kathy (Karen Müller), eine angehende Braut, die mit ihrem Zukünftigen gar nicht glücklich ist und ordentlich Seelenmassage braucht – womit sie den naiven Elmar natürlich schon sehr reizt; seine mühsame Selbstbeherrschung ist sehr sehenswert.

 

 

 

 

 

 

Vor allem ist sie kurz zuvor mit einem anderen Mann fremdgegangen – das Ergebnis ist schon „testbar“. Die beiden unternehmen einen Streifzug durch das nächtliche Köln, vorbei an den unendlich vielen Schlössern der Hohenzollernbrücke, durch eine windige Shisha-Bar, voll mit duftenden Nebelschwaden, orientalischem Bauchtanz und arg schrägen Typen, und natürlich über den Brüsseler Platz, dem Party-Hotspot mit den Klagen lärmgestörter Anwohner – ein altes Problem in Köln. Nicht fehlen darf das „Hallmackenreuther“, benannt nach dem berühmten Bettverkäufer bei Loriot: Eine Vintage-Bar aus den 70-ern, mit großer Glasfront und langer Theke, sei Jahren ein Szene-Treff. Hier trinkt Elmar sein erstes Kölsch.

Geschrieben ist das Musical von zwei Topautoren: Dietmar Jacobs (53) und Moritz Netenjakob (50), mehrfach prämiert und tätig unter anderem für die Stunksitzung und die Mitternachtsspitzen: das Stück sei „eine Liebeserklärung an die Stadt mit all ihren Untiefen“ wie sie auf der Pressekonferenz verrieten. Und das stimmt. Im Gespräch von Elmar mit Willy Millowitsch, dem Kölner Urgestein auf seiner Bank am gleichnamigen Platz, wird es melancholisch und sehr privat;  Imitator Oliver Hoff leiht ihm perfekt seine Stimme. Apropos Stimme: Kathy demonstriert dem Pfarrer das „magische Kölner Echo“ – man baucht manche Lieder nur anzustimmen – um es dann automatisch komplett zu hören; zum erfolgreichen Testbeispiel „Drink doch eine mit“ stimmte der ganze Theatersaal lautstark ein.  Das ist Kölle ! Vor allem bei der tollen Musik von Andreas Schnermann, hinreißend gespielt von HC Petzold und seinen drei Mannen

Alle Akteure singen und spielen auf ganz hohem Niveau und gehören zur ersten Riege der Musical-Darsteller; Florian Siegmund ist der Verlobte von Kathy, Enrico De Pieri  mimt und singt den “Schwaadlappe“, Vera Bolten ist die quirlige und schlagfertige Haushälterin. Allem guten Zureden des Pfarrers zum Trotz soll nun doch geheiratet werden; Ironie des Schicksals: natürlich vor Elmar. Der damit große Probleme bekommt, hatte er trotz früherer lautstarker Beteuerungen dem Zölibat abgeschworen und ist selbst verliebt in Kathy. Der Einwand gegen diese Ehe kommt daher von ihm, was mit dieser Konstellation in der katholischen Kirche eher selten sein dürfte.  Natürlich geht alles gut aus, auch die neuen Paare finden sich.

Mit „Himmel und Kölle“ ist den Autoren und dem Ausstatter ein blendender Wurf gelungen, nicht nur für die Kölner selbst. Der Besuch ist daher dringend anzuraten, das Stück läuft bis in den Dezember.

 

Langer begeisterter, stehener Applaus (besucht: Voraufführung am 19.8.21)

 

 

 

 

 

 

 

 

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