Theater

Lustiges Feuerwehrtheater in Overath-Heiligenhaus

Nach der Coronapause geht es auch beim Feuerwehrtheater wieder los. Hier mein Artikel für die Bergische Landeszeitung (Kölner Stadtanzeiger) und der etwas ausführliche Originaltext. Immerhin habe ich hier 45 Jahre meines Lebens gewohnt. Da ist es selbstverständlich, reinzugehen.

Solides Chaos auf dem Bauernhof

Ihr fünfzigjähriges Bühnenjubiläum konnte Brigitte Stein bei der jüngsten Aufführung der Theatergruppe der „Freiwilligen Feuerwehr“ Overath-Heiligenhaus feiern; eigentlich waren es schon zweiundfünfzig, aber die Corona-Pause wurde einfach nicht mitgezählt. Sie war auch der unbestrittene Star des Stücks „Adel, Tadel und Verdruss“ von Bernd Gombold, der zahlreiche erfolgreiche Schwänke erdacht hat. Die Jubilarin spielt sehr originell die adelige, resolute Mutter Brunhilde des ständig Gedichte schreibenden Freiherrn Dietrich von Dietrichshausen (sehr ergötzlich: Christopher Merkel), einem erwachsenen Milchbubi, den sie auf dem Lande zu einem echten Mann formen lassen will. Gar nicht so einfach.

Denn seine Bleibe auf einem idyllischen Bauernhof, wunderbar vor blauem Himmel und den beiden Kirchen in Heiligenhaus, entpuppt sich als solides Chaos. Da gib es den oberfaulen Tagträumer Fridolin (ungewaschen, muffig und polterig: Herbert Mohr), der im Nachbarhaus in einer total vermüllten Wohnung lebt und nur ja nichts wegwerfen will; Titelblatt einer verstaubten Zeitung: „Helmut Kohl zum Kanzler gewählt“. Und auf den Tipp „Alles, was man drei Jahre nicht gebraucht hat – weg damit“ schleppt er seinen intakten Staubsauber vors Haus. Und dann gibt es seine resolute Schwester Rosa (kernig und spielstark: Andrea Becher), die auf ihn nicht nur mit dem Teppichklopfer und mit Gummihandschuhen einwirkt.

Das Durcheinander komplett macht die nicht allzu schlaue und arg schwerhörige Postbotin Lisa (entzückend einfältig: Lisa Reddemann), die ihre beruflichen Pflichten nur äußerst verzögert ausführt, gerne fremde Briefe liest (aber brav immer wieder zuklebt) und verbreitet, der neue Mieter, ein blaublütiger Freiherr, sei ein „heißblütiger Freier“. Denn den brauchen die Hofbesitzer Michael und Sonja (wunderbar spielendes Ehepaar: Markus Fischer und Eveline Mohr) dringend, da die Landwirtschaft nichts mehr abwirft und Michael vergeblich eine Arbeit sucht. Aber damit kommt bei Michael eine gehörige Eifersucht ins Spiel. Und die vielen Liebesbriefe, welche die Postbotin dem Fridolin geschickt hat, hat dieser nie geöffnet; dafür schmeißt sich jetzt der Freiherr sehr unbeholfen an Lisa ran.

Ein solches Theaterstück ist sehr gut geeignet für Laientheater-Bühnen. Regisseurin Rita Roth beginnt immer im Sommerurlaub mit der Suche für Ihre Theatertruppe: viel Situationskomik, zügige Dialoge, sprachlich nicht allzu anspruchsvoll, und eine einfach zu bauende Bühne. Und natürlich muss der Theaterbesucher gute Stimmung mitbringen, meist sitzt man im vertrauten nachbarschaftlichen Freundeskreis, hat schon ein paar Bier und ein Würstchen intus und kennt auch viele der Akteure auf der Bühne aus dem Ort. Die Lacher entstehen dann durch sprachliche Gags, durch Verwechslungen oder durch urige Szenen. So sollte der adlige Freiherr, der überhaupt kein Blut sehen kann, bei der Geburt eines Kalbs ziehen helfen und wurde zum Gelächter des Publikums mit einem entsprechend langen Handschuh „bewaffnet“. Oder wenn die Postbotin ihre lange nicht ausgetragene Post durchschaut und Medikamente für einen bereits Verstorbenen findet, der angeblich seine Tabletten nicht genommen hat; von einer „Brieffreundschaft“ mit dem Finanzamt ganz abgesehen. Bei allem Spaß an der Szene und den hoch engagierten Schauspielern (die vermutlich das meiste Vergnügen bei den Proben selbst hatten), darf man nicht vergessen, wieviel Arbeit im Stück steckt.

Denn die Verwirrung steigert sich zunehmend, wenn der energische und stämmige Opa und Hobbygärtner Paul (köstlich polternd: Christian Michels) sein Zimmer für die „blaublütige Sau“ räumen soll; erst recht, wenn er sich unverhohlen an die Freiherrin ranmacht. Und sehr nett ist es, wenn die Schauspieler – unterstützt von der Souffleuse Kerstin Winkel – trotzdem schon mal über ihre eigenen Witze lachen müssen. Das ist dann echtes Dorftheater.

Das Stück bekommt zunehmend mehr Fahrt und Lautstärke. Aber keine Sorge – alles geht gut aus, die Paare finden sich, der Freiherr küsst zum ersten Mal in seinem Leben eine Frau und gibt seiner Mutter endlich Widerworte, das Kalb ist gesund, und Michael bekommt einen Job in der Firma von Brunhilde. Die Zuschauer im wie immer ausverkauften Pfarrsaal – einer ehemaligen Kirche –  sind hoch zufrieden und gastronomisch bestens betreut durch echte Feuerwehrleute. Wo nur erlebt man so etwas ?

v.l. Eveline Mohr, Markus Fischer, Andrea Becher, Herbert Mohr, Brigitte Stein, Christian Michels, Lisa Reddemann, Christopher Merkel

Die letzten Aufführungen sind am 28. und 29. April (ausverkauft, vielleicht noch Karten an der Abendkasse)

Premiere am 21.4. 2023

Besuchte 2. Aufführung am 22.4. 2023

Entspannt nach der Aufführung. Die Jubilarin 2. v. links, Regisseurin Rita Roth im grünen Outfit

 

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