Theater

Hoffnungsvoller Neustart im Kölner Theater am Dom

Rezension von Michael Cramer

Fotos von © Thomas Brill

Sich von einer Freundin zu trennen, mit der man zwar zusammenwohnt, die aber ständig nervt, sei es durch ihr Gähnen, ihre Unordnung, ihr Phlegma: das ist nicht einfach, insbesondere für Paul (Jens Hartwig), der das Zusammenleben mit Sophie (Dorkas Kiefer) schrecklich findet. Er träumt von schlimmen Unfällen, aber jedes Mal liegt sie gesund neben ihm. Nur – ihm fehlt der Mumm für eine Trennung, zumal die schicke Mitbewohnerin sehr sexy, lieb und äußerst zuvorkommend ist. „Ich kann sie nicht mehr ertragen“, und „Ich möchte ihr die Schnauze polieren“ stöhnt er in einem Telefonat mit seinem besten Freund Martin (Makke Schneider), jeder in einer Ecke des Zuschauerraums; damit kam gleich gute Stimmung auf, hatte doch die kleine Bühne Corona bedingt über viele Monate im Leerlauf verharrt. Leider war das Haus bei der besuchten Aufführung am 7.8. nur schwach frequentiert (die Premiere war wenige Tage zuvor), aber das Publikum lechzte förmlich nach Situationskomik und witzigen Dialogen. Und davon gab es reichlich.

v.l. Makke Schneider, Jens Hartwig, Dorkas Kiefer

Nun hatte Paul gelesen, dass Paare sich oft trennen, wenn sie mit einer dritten Person zusammenleben; denn eine „Ménage à trois“ funktioniert halt nicht. Daher muss Martin ran; nur mit welcher Begründung ?
Aber der will nicht mitmachen, zumal ihn schmerzhafte Hämorrhoiden quälen, was er seinem Freund auch sehr anschaulich schildert. Köstlich, wie vorsichtig er sich immer hinsetzt; also wird der plötzliche Tod seiner Mutter vorgeschoben, der den Martin völlig fertig machen soll. Nun beginnt eine aberwitzige Diskussion: Sophie weiß nichts von Martins analen Problemen, die tote Mutter soll verbrannt werden, Sophie meint, es handle sich um Martins Hämorrhoiden. Paul, der als freier Mitarbeiter bei „Schöner Ernten“ über Traktoren schreibt, hat ständig Visionen über Unfälle mit diesen Riesen-Maschinen „ohne TÜV“, hat Alpträume zum Tode von Sophie, auch Martins Mama sei damit überfahren worden. Eine Seebestattung ist vorgesehen, nur in kleinstem Kreise auf einem Schlauchboot, ohne „Trauerzeugen“.

Martin hingegen entpuppt sich als blendender Hausmann, bereitet vorzüglich „Halber Hummer an Steinpilzen“, hat immer brav seine Hausschuhe an, repariert den tropfenden Wasserhahn und klappt konsequent den Klodeckel hoch; so manche Paare haben sich hier vielsagend angeschaut. Leider reiche das nicht, meint Paul, und hält seinem Freund eine Standpauke, wie er sich benehmen soll, um Sophie zu vergraulen. Und das tut er unter heftigem Lachen des Publikums, spielt den Bösen, schimpft gebetsmühlenartig und mit ausgestrecktem Zeigefinger „blöde Zicke“ und kauert wie ein verängstigtes Kind mit hoch angezogenen Knien auf dem Sofa.

Leider nutzt alles nichts, denn Sophie sieht darin eine Besserung des Traumas über den “Tod” von seiner Mutter und versucht Martin zu therapieren. Was in einem heftigen Kuss und schlussendlich im Bett endet. Irgendwann ruft die „tote“ Mutter an, das Lügengebäude stürzt krachend zusammen: „Wen haben wir denn da versenkt?“  Und auf einmal ändert sich die Situation, der Spieß wird umgedreht, Martin bleibt nun auf unbestimmte Zeit, und Sophie ist erst einmal die „lachende Dritte“, bis einer ihrer Männer entnervt die Flinte ins Korn wirft. Voraussichtlich.

„Trennung für Feiglinge“ ist ein Lustspiel des erfolgreichen französischen Autors Clément Michel, zwar ziemlich konstruiert, aber eine gute Steilvorlage für zahlreiche Späße und excessive Situationskomik. Das Schauspielteam mit Dorkas Kiefer (“Soko”), Jens Hartwig (“Familie Dr. Kleist“) und Makke Schneider („Marie Brand“) unter der temporeichen Regie von Altmeister René Heinersdorff gehört zur ersten Garde der Akteure, spielt witzig und spritzig, und ließ die hoch amüsierten und begeisterten Zuschauer das ganze Corona-Drama komplett vergessen.

Aufführungen bis 7. November, Di.-Fr. 20:00 Uhr, Sa. und So. 17:00 und 20:00.

Tel. 0221 258 01 53,  www.theateramdom.de

 

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