Musik

Kinderoper Köln – Der Teufel mit den drei goldenen Haaren

Brüder Grimm: Sehr bunt, sehr knackig, einfach toll

 

Text von Michael Cramer

Herrliche Fotos von ©Paul Leclaire

Wenn eine Geschichte von einem König mit einem prächtigen Schloss handelt, von Apfelbäumen, die goldene Früchte tragen und von einem Glückskind, welches die Tochter des Königs heiraten will, kann es sich nur um ein Märchen handeln. Stimmt genau! Sujet ist hier die recht lange Erzählung „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ von den Brüdern Jakob und Wilhelm Grimm. Für ihre Märchensammlung, herausgegeben von 1812 bis 1858, haben die Brüder alte, mündlich und schriftlich überlieferte Texte überarbeitet und systematisch gesammelt; selbst geschrieben haben sie allerdings nie.

Was weniger bekannt ist: die beiden waren studierte Juristen und berühmte Sprachkundler; sie haben grundlegende Werke wie eine Deutsche Grammatik und ein Deutsches Wörterbuch herausgegeben und gelten somit als Gründungsväter der modernen Germanistik.  Dazu haben sie sich eingehend mit der Deutschen Mythologie beschäftigt. Alles genau kennt Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Brüder_Grimm und auch alles über die Märchen https://de.wikipedia.org/wiki/Grimms_Märchen

 

Die Story vom Teufel und seinen goldenen Haaren wurde vielfach literarisch verwertet in zahlreichen Adaptionen, Theaterstücken und Verfilmungen. Sogar Siegfried Wagner, Sohn des Bayreuther Meisters und späterer Chef vom Grünen Hügel, hatte sich 1971 daran versucht. Und nun kam der junge Komponist Stefan Johannes Hanke daher, der 2011 mit erst 27 Jahren das Werk als Auftragsarbeit für die Staatsoper Hannover geschrieben hatte, zusammen mit der Librettistin Dorothea Hartmann, die damals dort die Kinderoper leitete. Das wunderbare Ergebnis konnte nun im Kölner Staatenhaus bestaunt werden in der Inszenierung von Brigitta Gillessen, Chefin der Kinderoper Köln und musikalisch geleitet von Rainer Mühlbach, dem Leiter des Kölner Internationalen Opernstudios. Hier werden fertig ausgebildete junge Sänger*innen auf ihren späteren Beruf vorbereitet, sie beziehen ein Gehalt, gesponsert von den Opernfreunden Köln, und treten dafür in der Kinderoper und zahlreichen Konzerten auf – eine win-win-Situation für alle. Die Kinderoper Köln ist die älteste in Europa und wurde jüngst geadelt durch die Patenschaft mit UNICEF. Und anno 2019 im Rahmen der „Opera Avards“ für das beste Education-Programm ausgezeichnet, federführend betreut von Frank Rohde.

       

 

 

 

Wie in den vergangenen Jahren gab es wieder ein kleines Comic-Heft als Programm mit dem Inhalt auch verständlich für kleine Kinder, hervorgegangen aus einem Schüler-Wettbewerb mit der Siegerin Zoe-Serafina Wingerath (Foto mit Rainer Mühlbach). Das Opernstudio ist schon ein musikalisches Schwergewicht, welches die durch die katastrophal fehlgelaufene Grunderneuerung furchtbar gebeutelte und noch lange nicht fertige Oper Köln hier vorweisen kann.

Lustig fing es schon an: Der Dirigent hüpfte mit jugendlichem Elan auf die Bühne, einer Art Catwalk längs durch den weitläufigen Raum im Saal 3, auf dem das Boot des Steuermanns und die Wanne des Königs fahren konnten, und wo die Zuschauer auf beiden Seiten sitzen mit guter Sicht auch auf die Spielorte an den Enden (sehr praktische Bühne und opernhaft herrlich opulente Kostüme: Jens Kilian). Denn Mühlbach brauchte Hilfe des Publikums für ein Schlaflied der Großmutter für den Teufel, um ihm seine drei goldenen Haare ausreißen zu können, denn diese benötigt das Glückskind, um die Prinzessin heiraten zu können. Das geriet dann auch ganz hervorragend mit Hilfe des kleinen Orchesters aus den Reihen der Gürzenich-Musiker und verstärkt  durch Gitarre und Schlagzeug. Aber der König wollte die Heirat nicht, sondern war ständig mit Geldzählen beschäftigt in einer goldenen Badewanne wie der reiche Onkel Dagobert bei Walt Disney.

Die längere Vorgeschichte hatten große schwarze Raben mit riesigen Flügeln erzählt, von dem Land, in dem die Brunnen versiegt sind, wo es den Menschen schlecht geht, und die Bäume keine goldenen Äpfel mehr tragen. Schon eine recht gruselige Szene, die von den jungen Zuschauern (ab 5 Jahre) aber locker weggesteckt wird. Vor allem wenn das Glückskind in knallgelber Latzhose und gutgelaunt seine bevorstehende Hochzeit verkündet. Der König aber fürchtet sich vor dem Glück, er schickt es weg mit einem Brief, wonach es getötet werden soll – aber drei Räuber (die Vögel mussten sich rasch umziehen) schreiben den Brief um, nix ist mit Töten. Allerdings: Der König stellt die Bedingung, dass das Glückskind die drei goldenen Haare des Teufels holen soll – gar nicht so einfach.

In der Hölle will die Oma des Teufels dem Kind helfen, sie kocht dem Teufel eine Suppe und beruhigt ihn mit dem einstudierten Schlaflied, das von allen begeistert mitgesungen wird. Nach und nach zupft sie dem Teufel die drei goldenen Haare aus, die Rätsel um die Gründe für die Trockenheit und die fehlenden Äpfel sind gelöst, und das Glückskind fordert die Menschen auf, selbst etwas zu unternehmen, um mit Mut und Energie das selbstgesteckte Ziel zu erreichen. Im Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten und Begabungen. Und dann sind sie glücklich bis auf den Teufel, denn der muss zum Schluss in den Suppentopf.

Bei Lesen des umfangreichen Inhaltes kommen Zweifel auf, ob Kinder ab 5 Jahre die recht vielschichtige Geschichte auch korrekt aufnehmen können. Klar konnten sie, wie Testfragen bei der anschließenden Premierenfeier ergaben; Kinder raffen weit mehr als es sich Erwachsene vorstellen können. Denn zum Verständnis trug auch die Musik entscheidend bei; sie ist recht vielschichtig, durchaus modern, gefällig und trägt zum Verständnis der Personen und der Handlung sehr viel bei. Zumal auch im kleinen Orchester immer wieder viel zu sehen ist, etwa wenn die Oma dem Dirigenten den Stab abnimmt, selbst dirigiert und dazu noch tanzt. Gesungen und gespielt wurde auf sehr hohem Niveau, das Kölner Opernstudio ist schon ein Glücksfall für das Haus. Die Sängerriege kann übrigens auch für private Konzerte gebucht werden.

Vorneweg die Isländerin Arnheidur Eiríksdóttir mit rundum ansteckender Spielfreude und entzückender Stimme. Kathrin Zukowski ist die prächtige Prinzessin mit ebensolchem Sopran, der Russe Anton Kuzenok lässt als Steuermann seinen herrlichen Tenor strahlen, der Serbe Stefan Hadžić gab stimmgewaltig den Teufel mit langem Schwanz, und die Großmutter sang und spielte Florian Köpfler mit Hexenbesen und zur Freude der Kinder mit eher ungewöhnlichen Zutaten für die Suppe wie Ratte, Regenwurm und ein gebrauchtes Taschentuch. Und natürlich gibt es Zaubertricks und ordentliche Kämpfe auf der Bühne.

Großes Kompliment an alle Macher und Akteure der Kinderoper für diese herausragende Leistung, die mit riesigem Applaus bedacht wurde. Und die auf Grund der Corona-Krise leider nur 2x aufgeführt werden konnte. Aber so hat man ja noch länger Vorfreunde auf das nächste Mal.

Hier der Link auf den Trailer: https://www.oper.koeln/de/mediathek#v124  

Die Premiere war am 8. März 2020.

 

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