Kunst

Denis Scheck in Overath – statt Literatur lecker essen

 

10. September 2019

www.kufo-overath.de 

Denis Scheck im Kulturforum Overath

Von Michael Cramer

Literaturkritiker und gleichzeitig Restauranttester – das ist wohl ein prima Job für jemanden, der eine entsprechende Ausbildung und gleichzeitig eine feine Nase hat. Denn, so berichtete Denis Scheck auf dem hochamüsanten literarisch-musikalischen Abend „Essen und Sinnlichkeit“  im Kulturforum Overath, macht der Geruch 80% des Geschmacks einer Mahlzeit aus. Daher sei es grundfalsch, in Seniorenheimen immer nur „geruchskastriertes“  Essen vorzusetzen. Scheck, dessen Mutter Köchin in höchsten Kreisen war, hat zwar Literatur studiert, aber wollte an dem Abend anstatt über die Oden von Hölderlin lieber über sein Hobby „gutes Essen“ sprechen. Und das tat er mit einer unglaublichen Nonchalance, mit Fachkenntnis und Detailreichtum, dass man große Mühe hatte, im voll besetzten Kulturbahnhof auch nur einigermaßen alles mit zu bekommen. So vom Hobby der Deutschen, Speisekarten zu lesen, um dann Fehler per Foto bei Facebook zu posten;  Pudelzucker, Tonfisch und Tittenfisch ist schon lustig, Nazi Goreng eher weniger. Oder wenn da nur steht „Rosenkohl – Reh – Walnuss; ein Wiener Schnitzel  hieße demnach “Kalb – Ei – Semmelmehl”. Aber die „Sinfonie von Edelfischen“ ohne Details, die ist nun wirklich passé.

Der Schwabe, seit 20 Jahren in Köln lebend, ist von Stuttgart wenig begeistert, schimpft über Maultaschen und belegte das auch detailliert, vor allem über den geringen Beliebtheitsgrad seiner Landsleute. Er meckert aber auch über Köln, nicht aber über die hiesige Gastronomie; hier hatte ein Metzger seine Mettbrötchen fantasievoll als „German Sushi“  bezeichnet. Auch schaffte es eines seiner Lieblingsrestaurants, das „Le Moissonier“, binnen Stunden seine von einem Gast verwechselte Aktentasche mit Laptop und Handy wieder zu beschaffen. Oder er berichtete charmant vom Luxusrestaurant „Jules Verne“ von Ducasse, wo es „Damenkarten“ ohne Preise gibt und für die weiblichen Gäste ein Tütchen der köstlichen „Madelaines“, die einem schwulen Paar verweigert wurden. Seine 75-jährige Mutter habe den beiden dann ihres geschenkt in bestem Englisch „For You“.

Köstlich war die Darstellung etlicher Rezepte wie die berühmte Bouillabaisse des Sternekoches im „Chez Camille“ in Ramatuelle, allerdings mit der Einschränkung, dass der Fond wesentlich besser schmeckte als die tot aussehenden Fischstücke. Scheck trat eine weite gespannte und vielschichtige Reise an. Großenteils aus seiner eigenen Feder, aber auch mit Quellen anderer Autoren über einen weiten Zeitraum, von Solon, über Plinius, bis hin zum Kreuzfahrt-Gegner George Forster Wallace und Donna Leon. Die habe bei ihrer Mutter gesehen, wie grausam eine Thanksgiving-Pute regelrecht hingerichtet werden konnte und nur ein verkohltes Hühnchen übrig blieb.

Scheck ist bei weitem kein Vegetarier, ist Jäger und fordert, dass man nur Fleisch von Tieren essen sollte, die man selbst getötet hat. Und schwärmt vom würzigen Fleisch eines Mufflons. Nur – wo und wie kann man das denn selbst erlegen ?

Der spannende Abend wurde aufgelockert mit schwung- wie anspruchsvoller Tangomusik durch das „Trio Esquinas“ (Nussecken) aus Mainz, die gekonnt den Spagat schafften zwischen der klassischen Version und dem Tango Nuevo.

Die Veranstaltung  mit Denis Scheck war ein Highlight der Literaturabteilung des Kulturforums, organisiert von Bernd Schwartz. Wer nicht dabei war: Denis Scheck plant daraus ein Buch zu machen; aber viel besser wäre ein Video, um seine einmalige Sprachkunst und Ausdrucksweise goutieren zu können. Riesiger Beifall auch für die Musiker, die noch etliche Zugaben ihrer Kunst schenkten – und niemand ist vorher gegangen.

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