Theater

Neugierige Freude und Skepsis – der zukünftige Kölner Schauspielchef

 

Bald in der Domstadt: Dr. Carl Philip von Maldeghem

Pressevorstellung am 24.1. 2018

Text und Fotos von Michael Cramer

 

Eines hat beim Kürlauf des kommenden Schauspielintendanten diesmal offensichtlich geklappt: Die Vertraulichkeit im Vorfeld, um unterlegene Kandidaten des „Schattenkabinetts“ nicht zu beschädigen. Niemand schien auf der Pressekonferenz etwas geahnt zu haben; erst im letzten Moment kam das Namensschild auf den Tisch, an dem der “Neue”  neben Oberbürgermeisterin Henriette Reker, der Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach und Rolf Bolwin, ehemaliger Chef des Deutschen Bühnenvereins, vorgestellt vom neuen Kölner Pressechef Alexander Vogel, Platz genommen hatten. Dr. Carl Philip von Maldeghem, noch Intendant des Landestheaters Salzburg –  hatte den jemand auf dem Schirm gehabt ? Bescheiden, fast schüchtern stand der 50-jährige da und ließ geduldig die Lobpreisungen seiner zukünftigen Vorgesetzten über sich ergehen: In einem monatelangen Findungsprozess habe man sich auf ihn geeinigt, der lange Intendantenerfahrung an der Schauspielbühne Stuttgart (nicht dem Staatstheater) hätte und der Salzburger Bühne ein ganz erhebliches Plus an Zuschauern beschert habe.

v. links: Baldwin, v. Maldeghem, Reker, Laugwitz-Aulbach, Vogel

War das etwa ein ausschlaggebendes Argument für die finanziell klamme Stadt ? Die bissige Frage einer Journalistin (die seinen Spielplan vermutlich schnell gegoogelt hatte), ob er fürderhin nur noch Provinztheater in Köln anstrebe, zog heftigen Protest der Dezernentin nach sich. Reker dazu: „Mich hat seine frische und unkonventionelle Vorstellung überzeugt“. Maldeghem, der in Salzburg seit 9 Jahren mit Oper, Schauspiel, Tanz und Jugendtheater ein Vielspartenhaus leitet, will in Köln modernes, lebendiges und nicht hierarchiebetontes Theater machen. Er habe sich nicht in einer Ausschreibung beworben, sondern Köln sei auf ihn zugekommen, wie er den Salzburger Nachrichten verriet. Köln sei „eines der profiliertesten Sprechtheater in Deutschland“, und von „ausgewiesenen Regiepersönlichkeiten geleitet worden“; Bachmann, der aus einer Industriehalle binnen kürzester Zeit ein akzeptiertes Theater gezaubert hatte, war wegen der enormen Verzögerung bei der Erneuerung des Schauspielhauses bei der Stadt um vorzeitiges Vertragsende vorstellig geworden – ihm waren 2 Spielzeiten im neuen Haus zugesichert worden, also fast eine Lebensstellung. Vor ihm war  Karin Baier einem ehrenvollen Ruf nach Hamburg gefolgt.

Er habe „zu jung hier angefangen, um hier aufzuhören“, sagte er den „Salzburger Nachrichten“; das Team sei schon sehr stolz über seine  Berufung nach Köln; man sei ihm keinesfalls böse, sondern freue sich mit ihm über den Karrieresprung, mit dem man immer gerechnet habe. Die Stadt Köln, so Maldeghem, bekomme mit ihm einen „jungen und erfahrenen Intendanten“,  der Theater „in die Stadt hineinkommunizieren möchte“. Auf der Pressekonferenz sprach er von „leichtem Gepäck“ ohne einen Tross an Salzburger Mimen oder Regisseuren und der „Vorfreude auf Köln“. Er habe einige Inszenierungen gesehen und sehr großes Interesse am Kölner Ensemble.

Zu seiner Vita berichtete der Vater von drei halbwüchsigen Kindern, auf einem humanistischen Gymnasium bereits eine Schauspieltruppe installiert zu haben. Sein Jurastudium schloss er mit einer Promotion ab, danach folgte er seinen künstlerischen Intentionen und studierte Schauspiel und Regie  in New York und Cambridge, um dann in Salzburg dem großen Mortier und Peter Stein zuzuarbeiten. Über Karlsruhe und Stuttgart sei es dann nach Salzburg gegangen. Bescheiden sprach er von sich als Regisseur aus der zweiten Reihe, seine Vorgänger in Köln hätten ja regelmäßig am Burgtheater inszeniert – er sei dagegen der Allrounder mit gutem Netzwerk, um mit dem Theater „in die ‚Stadt hineinzukommunizieren“ und große Namen nach Köln zu holen. Sprachs´, nahm sich noch Zeit für einige Interviews und reiste zurück zu den Endproben der „Geschichten aus dem Wienerwald“, Premiere ist am 2. Februar.

Maldeghem tritt in Köln in große Fußstapfen, das weiß er und kommuniziert es auch offen. Und leicht wird es für ihn nicht sein. Das Salzburger Theater sieht den Wechsel als Auszeichnung, aber die Deutschen Medien reagieren etwas ratlos bis sogar hämisch. Aus einer „unverbindlichen Präsentation“ bei der Pressevorstellung und dem Spielplan des Salzburger Hauses schließen zu wollen, dass  das vormals oft gescholtene Kölner Theater nun freiwillig „in die dritte Liga zurückgehen“ würde, wie der Theaterkritiker einer Kölner Lokalzeitung kommentierte, ist schon ein wenig gemein. Zahlreiche Kommentatoren wollten Ihre Meinung öffentlich kundtun, wichtige und unwichtige. Braucht man die wirklich ? Und ob es in der Theaterszene so viele große Namen gibt, die unbedingt alle ins oft chaotische Köln wollen, sei mal kritisch dahingestellt. Andererseits ziehen überregionale Stimmen positive Schlüsse zur Wahl bei der seit Jahren total verfahrenen Baustellensituation. Für den Kritiker eines überregionalen Senders ist Maldeghem ein „sehr gewinnender Mensch und sympathischer Kommunikator, den das Theater brauche“. Und einen solchen benötigen wir in Köln. Jede große Stadt hat ihr eigenes Publikum, an dem sich ein Intendant richten wird; daher warten wir bitte erst einmal ab, anstatt Herrn von Maldaghem im Vorfeld zu beschädigen.

Übrigens: Von Maldeghem hat nach dem Shitstorm der Stadt die Brocken hingeworfen, der bisherige Intendant ist nun doch länger im Amt geblieben.

Es folgte eine private Reise nach Salzburg, da sein Theater Lust auf mehr machte. Lesen Sie hier: https://www.kulturcram.de/2019/06/opern-voellerei-in-der-mozart-stadt/ 

 

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