Musik

Respekt vor Laienaufführung von der “Oper der Opern” – Don Giovanni

Opernhafte Aufbruchstimmung in Bergisch Gladbach

3. März 2018

Der „Bergische Löwe“, ein Multifunktionsgebäude mit dem Charme eines Hallenbads, gebaut vom berühmten Kirchenarchitekten Gottfried Böhm, hat – im Gegensatz zum Kölner Provisorium „Staatenhaus“ – einen richtigen Orchestergraben, ist aber als Opernhaus nie so recht genutzt worden. Zumal die Stadt sich eines eigenen Orchesters rühmen kann; dieses dümpelte allerdings lange vor sich hin, bis dann wie Phönix aus der Asche ein neuer Dirigent auftauchte. Der von der Lokalpresse hochgelobte russische Pianist Roman Salyutov (34) entsann sich auch seiner Dirigierkünste und brachte das Orchester sehr achtbar auf Vordermann – die Stadt hatte auf einmal wieder ein lokales Musikleben. Aber leider keine Oper – trotz des Operngrabens im „Löwen“. Aber der rührige Dirigent wollte auch hier für Abhilfe sorgen mit der berühmtesten aller Opern, mit Mozarts Don Giovanni. Ein kühnes Unterfangen für ein reines Laienorchester und die Chorstimmen vom „Rheinischen Motettenchor“ und „Heimatklänge Nussbaum“. Auch die bei Mozart nicht vorgesehenen Tänzerinnen stammen aus Gladbacher Tanz- und Gymnastikschulen, ebenso ist die Regisseurin Tanja Heesen-Nauroth in Bergisch Gladbach zu Hause.

Aber da begann die lokale Verbundenheit des Dirigenten sich etwas zu rächen. Heesen-Nauroth ist studierte Kirchenmusikerin, arbeitet als Organistin und Chorleiterin, ist aber von der Qualifikation einer professionellen Opernregisseurin deutlich entfernt. Sicher hat sich das ganze Team über zwei Jahre sehr viel Mühe gegeben, aber herausgekommen ist auf der Bühne leider allenfalls Mittelmaß. Die Protagonisten stehen eher unbeweglich auf den Brettern oder agieren ungeschickt und müssen mangels Monitoren immer direkten Sichtkontakt zum Dirigenten haben, was die Beweglichkeit sehr minimiert. Ebenso der Chor, der die Regieanweisungen brav befolgt und wie einstudiert von rechts nach links und wieder zurück geht. Eine engagierte Inszenierung sieht anders aus, spannender, spritziger und intensiver, ohne Leerlauf. Warum hat Salyutov für diesen entscheidenden Posten nicht auf einen qualifizierten Regieassistenten aus einer der Nachbarstädte gesetzt? Da wäre sicher großes Interesse vorhanden gewesen. Zumal die Sängerinnen und Sänger ihrer Vita nach eine professionelle Ausbildung und Opernerfahrung haben, auch wenn der Don Giovanni für alle ein Rollendebut war.

Er muss sich auch fragen lassen, warum es ausgerechnet diese so lange Oper sein muss, mit großen Anforderungen an Sänger und Orchester. Und dann auch noch ohne die angekündigten Übertitel, was manchen Zuschauer geärgert haben dürfte. Wobei dem Orchester eine erstaunliche Qualifikation zu bescheinigen ist: Wenn auch der Mozart-Sound bisweilen etwas ruppig daherkam und manche Einsätze etwas hakten, so klang es aus dem Graben zunehmend runder und erfreulicher; auch die Bläser konnten gut mithalten. Unter den Sängern stachen insbesondere die verflossenen Damen des Giovanni hervor, ganz ausgezeichnet Isabelle Razawi als Anna und Marina Russmann als Elvira. Bei Zerlina von Maike Neunast war stimmlich noch Luft nach oben, die Regie hatte sie leider als ein tölpelhaftes Bauernmädchen mit einem sehr unglücklichen Kleidchen bestimmt. Andrejs Krutojs als Titelheld machte stimmlich und szenisch eine sehr gute Figur, während Andreas Drescher als Leporello dagegen etwas abfiel: im Gesang und Spiel nicht ganz auf der Höhe hatte er Mühe, sich gegenüber Don Giovanni zu behaupten. Deutlich besser gefiel Johann Penner als Ottavio, sein beweglicher, wohlklingender Tenor schaffte locker alle Hürden der Partie; ebenso der Bariton von Raphael Simon Blume als etwas steifer Bräutigam Masetto. Prima auch Ralf Rhiel als Komtur mit schwarzem Bass.

Das Premierenpublikum jubelte lange und ausgiebig, wenn auch der Dirigent die Schlussszene der Oper leider geschnitten hatte: „Giovanni interruptus“ fällt tot vom Tisch, Schluss, Vorhang. Nichts mit dem berühmten Sextett und der Rückkehr der Akteure ins normale Leben. Dem Dirigenten gefiel es nach eigener Angabe besser so, obwohl es von Bedeutung ist für die Konzeption der Oper als „Dramma giocoso“, in der sich das Gute am Ende durchsetzt. Die Lokalpresse überschüttete die Aufführung mit exorbitantem Lob; Bürgermeister Lutz Urbach machte nach der zweiten (und letzten) Aufführung gar einen bewundernden Kniefall vor dem Dirigenten. Aber ob das vollmundige Versprechen, Bergisch Gladbach als neue Opernstadt durchsetzen, tatsächlich greift, wird sich ergeben; dazu müsste die Stadt jedoch finanziell über ihren Schatten springen. Trotz kleiner Einschränkungen: eine tolle Leistung aller Mitwirkenden, die hoch anerkannt werden muss.

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