Musik

Eine Koreanerin mit Barock und Belcanto

Arien-Konzert in Trinitatis in Köln

Benefizveranstaltung des Lions-Club Köln mit Eunyee You

Von Michael Cramer

19.Mai 2017

“Heutzutage gibt es leider keine Kastraten mehr” konstatierte Hubert Käppel, international renommierter Gitarrist, Hochschullehrer und im Lions-Club Köln zuständig für Musik, bei seiner Einführung in ein Benefizkonzert seines Vereins. Auch mit seinem Outing, noch nie in einer Händel Oper gewesen zu sein, erntete er in der vollbesetzten Kirche, dem Kölner “evangelischen Dom”, dezentes Gelächter. Aber das muss ja auch nicht; Belcanto, Königsdiziplin des Kunstgesangs, kann man immer genießen, selbst ohne jegliche musikalische Vorbildung.

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Händel, Mozart und besagter Belcanto war Inhalt eines Opern-Konzertes, gestaltet von der Koreanerin Eunyee You und begleitet von Theresia Renelt am Flügel. Der Lions-Club feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag; die weltweit verbreitete Gesellschaft unterstützt unter dem Motto “we serve – wir helfen” hilfsbedürftige Menschen in ihrer Umgebung und in ihrem Land tatkräftig und finanziell. In den Genuss des Konzerterlöses kommt die größte Kindertagesstätte in Bergisch Gladbach mit einem Migrationshintergrund von 70 % und deren Kooperation mit der lokalen Musikschule; die Musik soll in einem Pilotprojekt die schwierige Kommunikation mit den Kindern verbessern.

Geboten wurde Musik vom feinsten. Die Sopranistin, ehemaliges Mitglied des Internationalen Opern Studios Zürich, ist Solistin der Oper Leipzig und tritt regelmäßig auf im europäischen Ausland, in China und in ihrer Heimat Korea. Und ist überdies Ehefrau von Patrick Schmeinck, Geschäftsführer des Kölner Gürzenichorchesters und Mitglied bei Lions.

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Unglaubliche 13 Arien umfasste Ihr zweistündiges Programm, zunächst fünf von Händel (u. a. aus Alcina u. Rinaldo) und drei von Mozart, darunter die extrem hohe “ach ich liebte” der Konstanze aus der “Entführung”. Etwas Stimm-Erholung verschaffte ein Prelude von Debussy (und im zweiten Teil ein Copin-Walzer), von der Pianistin eben so professionell vorgetragen wie ihre perfekte Begleitung der Sängerin. Die bekannten Arien hat man natürlich mit Orchester in Ohr; Renelt, Solo-Repetitorin der Oper Köln, die derzeit Hammerflügel in der Kölner Neuinszenierung des Figaro spielt, ließ das Fehlen des Orchesters rasch vergessen. Präzise Abstimmung mit der Sängerin, Harmonie im Ausdruck und der Dynamik, immer wieder ein kommunikatives Lächeln – das macht schon große Freude zu hören und zu sehen.

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Die Pause war auch nötig, denn danach ging es mit Arien aus “La Sonnambula” und “I Capuleti” von Bellini weiter, bekannte und sehr schwer zu singende Höhepunkte des italienischen Belkanto. Eunyee Sun ist ein etwas tief timbrierter Sopran mit einer wunderbaren Fülle in den unteren Lagen, meistert jedoch auch die Koloraturen und Spitzentöne sicher und locker. Das war schon etwas für Rückenschauer. Von Donizetti gab es dann noch etwas aus der „Lucia die Lammermoor; die berühmte Arie der Norma „Casta Diva“ von Bellini, ein Paradestück der Callas, schloss das eindrucksvolles Konzert ab. Sollte man meinen. Aber die Sängerin ließ sich noch drei weitere Arien als Zugabe vom begeistert applaudierenden Publikum entlocken, ihre physische Kraft schien unerschöpflich. Ein wahres Mammutprogramm, eigentlich zwei Marathonläufe hinter einander.

Außer einem zusammengekommen Betrag (die Solisten agierten ohne Honorar) dürften vielleicht etliche, in Sachen „Oper“ weniger kundige Zuhörer ihre Affinität für diese wunderbare Kunstform entdeckt haben. Dann hätten wir gleich zwei Sieger auf einen Schlag.

Fotos © Felixa Wingen

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