Verwirrspiel im Saunadampf beim Theater am Dom
Von Michael Cramer
Wenn Dieter, ein verheirateter, sehr erfolgreicher Unternehmer (Hugo Egon Balder) mit seiner todschicken Freundin Mary (Madeleine Niesche) ein Wellness-Wochenende verbringt, um sie loszuwerden, sie aber gleichzeitig mittels des gut gewachsenen, intelligenten Bodybuilders Alain „The Brain“ (Jens Hajek) per Samenspende schwängern will, die Freundin allerdings ohnehin schon ein Verhältnis mit dem Fitnesstrainer hat, dann ist das schon eine knifflige Situation.
Wenn dann auch noch der Kinderarzt Lothar (René Heinersdorff), der bei Dieter um Spenden für seine Klinik werben will, im selben Hotel mit seiner Sekretärin Emelie (Jeanette Biedermann) auftaucht und mit viel tölpelhafter Ungeschicklichkeit hinter seinem ihm persönlich gar nicht bekannten Geldgeber her ist, ergibt sich um den völlig unterschiedlich gemeinten Begriff „Spende“ viel Stoff für eine turbulente Komödie, die derzeit sehr erfolgreich im Kölner Theater am Dom läuft.
In der schicken Wellnesslandschaft des Hotels mit zahlreichen Türen zu den unterschiedlichen Saunen (Bühne Thomas Grashof) und einem Tauchbecken im Zuschauerbereich (aus dem sogar Wasser spritzt) herrscht ein ständiges Kommen und Gehen der in einheitliche Hotelbademäntel gewandete Akteure. Immer wieder ergeben sich andere Konstellationen, Begegnungen und Diskussionen um die „Spende“. Natürlich ist fast alles zweideutig, aber nur, weil der Zuschauer halt den tatsächlichen Hintergrund kennt; nichts ist per se schlüpfrig oder geht unter gar der Gürtellinie.
Wenn der Unternehmer etwa von sich behauptet, er „säße völlig auf dem Trockenen“ und seine mangelnde Zeugungsfähigkeit meint, der Kinderarzt aber um die Finanzen seines besten Sponsors bangt, oder wenn die Rede von einem „Dauerauftrag mit Spendenquittung“ ist, gibt es im fast ausverkauften Theater jedes Mal brüllendes langes Gelächter, so dass manches nachfolgende Bonmot im Lärm untergeht. Das Team agiert mit sehr großer, ansteckender Spielfreude, ganz ohne Starallüren; ganz köstlich der Bericht aller Paare am nächsten Morgen über ein Abendessen im Hotel mit vielen hochwertigen „lokalen“ Spezialitäten aus Solingen, Mettmann oder Neuss; auch ein Dü-Dü-Di (dünnes Düsseldorfer Dillsüppchen) wurde kritisch bewertet.
Natürlich verbünden sich die beiden Frauen zum Schluss gegen die Männer und spielen die Geschichte erst einmal beherzt weiter, aber alles klärt sich dann doch zur allgemeinen Zufriedenheit auf; der Kinderarzt bekommt seine großzügige Spende, der Trainer behält die Freundin, aber der eigentlich bindungsscheue Unternehmer telefoniert schon wieder mit einer Frau, die er liebt und ohne die er nicht leben kann – „ich komme sofort zu Dir, Mutti“. Licht aus.
Aufguss ist ein perfektes Stück für das Boulevard-Theater, leicht und locker, mit treffsicheren Dialogen, aber auch mit ironischen Seitenhieben auf die „Beziehungskisten“ von heute. Langer jubelnder Applaus und lauter lächelnde Gesichter für einen tollen Abend und großes Kompliment für den Autor.