Musik

Hochspannende Barockoper, ein Muss !

 

„Die Oper ist tot – Es lebe die Oper“, das war der Titel einer großen, sehr sehenswerten Ausstellung von 2022  in der Bundeskunsthalle Bonn. Dem zweiten Teil der Überschrift kann absolut zugestimmt werden, denn diese Kunstform ist weiterhin hochaktiv und spricht wie kein anderes Genre alle unsere Sinne an: In ihr verbinden sich Musik, Gesang, Poesie, bildende Künste, Theater und Tanz zu einem kultur-intensivem Amalgam der Extraklasse. Hier der Bericht über die Ausstellung: www.die Oper lebt in Bonn – perfekt im Museum  Nun, wer sich bislang nicht für die Oper – und vor allem die Barockoper- nennenswert erwärmen konnte und vielleicht sogar nie im Staathaus (oder früher im Riphahn-Bau am Offenbachplatz war) und eine der faszinierenden Aufführungen besucht hat, dem sei die neue Produktion von Händels „Saul“ dringend ans musikalische Herz gelegt: für die Rückkehr zur Opernliebe.

Allerdings: „neu“ ist das Stück keineswegs, die Produktion aus dem vornehmen britischen Glyndebourne hat auch schon über 10 Jahre auf dem Buckel. Der australische Regisseur Barrie Kosky, ein wenig das „enfant terrible“ der Opernszene, hatte damals eine hochgelobte Inszenierung vorgelegt, extrem sinnlich, ein optisch und akustisch unglaubliches Spektakel, welches nicht nur damals, sondern auch jetzt mit riesigem Beifall und Trampeln vom Premierenpublikum gefeiert wurde. Ein Sonderlob hier an Donna Stirrup, die als Regieassistentin sehr oft und vielfältig für zahlreiche Produktionen eingesetzt ist, ähnlich wie ihre fantastische Kölner Kollegin Eike Ecker, die den Kölner „Ring des Nibelungen“ vor Jahren in Shanghai auf die Bühne gebracht hatte.

Katrin Lea Tag, eine deutsche Bühnen- und Kostümbildnerin, die sowohl für Schauspiel als auch für Oper arbeitet, ist für das unglaubliche, aufwühlende Bühnenbild und die extrem fantastischen Kostüme verantwortlich.

In der Produktion, die keine richtige Oper, sondern als Oratorium eher eine konzertante Aufführungen mit geringen szenischen Darstellungen ist, gibt es vielerlei zu bestaunen und zu bewundern. Zum einen, wie es dem Kölner Intendanten Hein Mulders überhaupt gelungen ist, diese nahezu ungewöhnliche Produktion in die Domstadt zu bringen. Das zeigt aber auch zum anderen, welches hohes Ansehen die Kölner Oper hat.

Das Kölner Gürzenich-Orchester, unter dem oft in Köln goutierten Barock-Spezialisten und ersten Gastdirigenten Rubén Dubrowski spielte mit großer Verve und hoch präzise, locker und luftig, mit Trauer und Freude, aber trotzdem dramatisch. Die durchgehende pausenlose Spannung hielt das verwöhnte Premierenpublikum fast über die ganze Zeit vorne auf der Stuhlkante.  Dazu kam der Chor unter Rustam Samedow; die Damen und Herren singen nicht nur ganz vorzüglich, sondern spielen ihren schwierigen Part auch auf sehr hohem schauspielerischen Niveau. Wer es bis her nicht wusste: dieser Kölner Opernchor ist international einsame Spitze.

Sehr originell und hoch beweglich ist auch ein kleines mit 5 Herren und einer Dame besetztes Tanzensemble (Choreografie von Otto Pichler), welches für viel Heiterkeit im Staatenhaus sorgte.

Die Feinheiten der Handlung sind wie so oft bei Barockopern nicht wesentlich. Grob geht es um König Saul, der neidisch ist auf den jungen Hirten David, welcher – wie allgemein bekannt – den Riesen Goliath mit einer Steinschleuder erledigt hatte. Am Hofe des Saul buhlt die eine seiner Töchter um den Recken, die andere lehnt ihn ab. Mit im homoerotischen Boot ist sein Sohn Jonathan. Im Krieg fallen der genervte Vater und sein Sohn, David wird König. Regie, Bühne, Licht und Choreographie für eine solche blutrünstige Geschichte sind ja nun nicht gerade einfach zu bewerkstelligen. Und hier wurde einfach ganz Großartiges getan. Angefangen mit der Bühne, wo der Vorhang nach der recht langen Ouvertüre eine riesige Tafel freigab, gedeckt mit umfangreichen Blumenarrangements und dem Chor, ein Rausch an Farben und Bewegung. Hier wartete man vergeblich auf einen spontanen Szenenapplaus. Die Bühne wurde immer dunkler und dürftiger bis zum Totenlied der Merab, wo nur noch sehr viele Kerzen die gespenstische Szene schwach beleuchteten.

Das Sängerensemble, bis auf den Kölner John Heuzenroeder komplett aus England angereist, passt in der Qualität bestens zur Güte der Ausstattung, allen voran Christopher Lowrey als König. Mit einer Riesenstimme, wild und dabei sehr variabel und ausdrucksstark, ist er einfach körperlich allen überlegen. Eben ein typischer König, wie er im Buche steht. Seine beiden Töchter Sarah Brady als Merab und Giulia Montanari als Michal passen perfekt in Händel´s  Opernschema. Den jungen David singt der Counter Christoper Lowrey wunderbar und stimmschön. Auch die weiteren Sänger Linard Vrielink, Benjamin Hulett und John Heuzenroeder wissen szenisch und stimmlich sehr gut zu gefallen.

Zu erleben war eine Aufführung der Extraklasse. Mit einer unglaublichen Vitalität, mit sehr lebendigem Spiel, mit ausgezeichneter musikalischer Qualität, mit viel Herzklopfen des gesamten Publikums. Welches sich in einem tosenden Applaus entlud. Diese sehr sehenswerte Aufführung kann locker mehrmals angeschaut werden, sicher entdeckt man immer mehr bisher verborgene Schönheiten und Schätze. Daher: Unbedingt reingehen in den „Saul“ von Georg Friedrich Händel. Vielleicht sehen wir uns ja dort.

Besuchte Premiere am 23.11.2025

© Fotos von Sandra Then

Weitere Aufführungen am 3.12., 5.12., 10.12., 12.10. und 14.12.

Karten unter www.oper.koeln

 

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