Theater

meine braut, sein vater und ich: Eine Gay-niale Komödie im TaD

Wenn zwei Männer heiraten, ist das im liberalen Köln ja keine Seltenheit – so auch im Theater Am Dom; eher ungewöhnlich ist aber, wenn diese keineswegs schwul sind. Der Grund ist einleuchtend: Henri (Sebastian König), „bekennender Junggeselle“ mit beträchtlichem Damenverschleiß, hat von seiner sittsamen Lieblingstante schwer geerbt. Allerdings mit einem Pferdefuß: Er muss heiraten und mindestens ein Jahr durchhalten; ein Rechtspfleger ist bestellt, dies regelmäßig zu überprüfen. Sein Anwalt Norbert (Peter Mohr) ist findig: Da im Testament nichts von einer Frau steht, überreden beide Henris quirligen und besten Freund Dodo (Tim Sander) zur Eheschließung. Dieser ist ein erfolgloser Autor und Schauspieler, der sich auf hunderten Klebezetteln auf der Schiebetüre verewigt und sein Leben im Schweinekostüm auf Kindergeburtstagen zu fristen versucht. Als Henri ihm dann noch ein „Diamant-Fahrrad aus Deutschland“ verspricht – eine der wenigen aus DDR-Zeiten stammenden erfolgreichen Marken – willigt er ein.

Alles so weit so gut – bis Henris nobler Papa Edmont de Sacy auftaucht (Fernsehstar Max Schautzer mit Auftrittsapplaus). Der stößt in eine per exzessiver Gymnastik und Outfit zuvor köstlich ausgestattete und einstudierte Schwulen-Wohnung – da der Kontrollbesuch des Rechtspflegers erwartet wurden. Papa ist völlig unerwartet hellauf begeistert und beichtet seine Lebenslüge, hat er doch seine eigene homoerotische Neigung, in seiner adeligen Familie seit 1450 bekannt, bisher verstecken können. Daran tut auch der Splitternackt-Auftritt von Henri just aus dem Bett seiner hochgewachsenen Freundin Elsa (Kim Zarah Langner) keinen Abbruch. Die weiß von überhaupt nix, Henri stellt in seiner Not Dodo als seinen debilen Bruder vor (…fährt auf dem Diamantrad inzwischen ohne Stützräder), den Elsa per Kindersprache anredet und mit umgelegtem Lätzchen zu füttern versucht.

Die französische Komödie Le gai marriage(2010), das erste Bühnenwerk der beiden Autoren und bereits in Dresden mit großem Erfolg gespielt, ist jetzt – bis auf die schwangerschaftsbedingte Umbesetzung von Freundin Elsa – in gleicher Besetzung in Köln angekommen. Eine pralle, durchgeknallte, klassische Verwechslungs- und Slapstick-Komödie, mit witzigen Dialogen, präzisen Pointen und gutem Timing, ein rosaroter Alptraum, wo ein mitgewaschener knallroter Turnschuh alles charakteristisch verfärbt hat.

Das Stück lebt zwar von Homo- und Debilen-Klischees, ist aber niemals gekünstelt und vor allem nicht verletzend oder geht gar unter die Gürtellinie. Denn so etwas kann schon arg daneben gehen und gar peinlich werden, nicht aber hier, wenn eine derartig blendende Truppe auf der Bühne steht und spielfreudig alle Register zieht, bis hin zur Eifersucht und klassischen Ehestreitereien um den Mülleimer und die große Wäsche.

Köstlich sind die Typen gezeichnet, der smarte Henry mit Putzfimmel und Haushaltreiniger, der Vater als schöngeistiges ruhiges Element im allgemeinen Trubel, erst in braver Strickjacke, geoutet („ich blöde Kuh“) dann mit Glitzershirt und im weißen Anzug. Norbert versucht als schneidiger Rechtsanwalt professionell Ruhe in das Verwirrspiel zu bringen.

Publikumsliebling ist eindeutig Freund Dodo, ekstatischer agierender PC-Spiel-Anhänger, der von Anbeginn den liebenswerte Chaoten „volle Kanne“ spielt, mit ausdrucksstarker Körpersprache in beiden sexuellen Orientierungen.

Natürlich klärt sich zum Schluss alles auf, Elsa ist wieder mit Henri versöhnt, und Dodo bekommt ein eigenes Studierzimmer in der Wohnung von Papa Edmont, um endlich sein Theaterstück schreiben zu können. Denn zum Ende erscheint Max Schautzer im schulterfreien langen Brautkleid, da auch er seinen Freund heiratet und zu ihm zieht.

Die Stimmung im ausverkauften Hause war prächtig, das traditionell eher reserviert-schmunzelnde Premierenpublikum spendete reichlich Szenen-Applaus und jubelte gar zum Finale. Dem Stück darf man guten Gewissens denselben Erfolg wie die letzte Produktion des Hauses mit Blütenträumevoraussagen.

Premiere am 08.05. 2014
Von Gérard Bitton und Michel Munz
Regie: Christian Kühn
Fotos: Robert Jentzsch

Theater am Dom Köln

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