Reisen

Nach Timbuktu und noch etwas weiter

Am Wendekreis des Krebses

Eine etwas länger zurückliegende originelle Reise

Es gibt Situationen, wo sich eine ungewöhnliche Reise nahezu aufdrängt. Ein guter Bekannter – da er ungenannt bleiben möchte, nennen wir ihn Hans – ist großer Afrika-Fan mit zahlreichen Reisen auch in sehr entlegene Gebiete und Ethnien. Sein Wohnhaus kann es mit jedem Völkerkunde-Museum locker aufnehmen, für die Fahrten nutzt er einen großen Unimog in Spezialausführung mit Winde, Sandausrüstung und 2000 Liter-Tank.

Die unendliche Weite der Sahara

Sein Auto sollte von der heimischen Garage nach Afrika, nach Mali überführt werden, weil er von dort eine größere Reise unternehmen wollte. Schon ein größeres Unterfangen und auch nicht ganz billig. So fragte er mich eines Tages, ob ich eventuell mitfahren würde, allerdings gegen Kostenbeteiligung. Er wusste von meiner früheren Sahara – Durchquerung mit einem VW-Bus und von meiner Liebe für originelle Reisen. Klar wollte ich, zusammen mit meinem damals 13-jährigen Sohn Mathias, der in der Schule dafür freigestellt wurde. Mit dabei war noch der damals dreijährige Sohn des Fahrers, ein aufgeweckter blonder Knabe, zum grenzenlosen Entzücken der weiblichen Bevölkerung. Dazu fuhr noch ein Kollege von Hans mit, ein interessanter Gesprächspartner.

Über Tunesien und Algerien sollte es Richtung Weltkulturerbe Timbuktu und weiter nach Bamako, der Hauptstadt von Mali, gehen; Ziel waren die Dogon, ein bäuerlich lebendes altes Volk mit sehr interessanter Geschichte und archaischen Riten. Der Einfachheit halber flogen wir nach Tunis und trafen dort den Hans. Die Strecke ist die so genannte “Tanezrouft”, eine endlose, im wesentlichen flache Wüste, ein äußerst wenig bevölkertes und ebenes Gebiet der Sahara, wo man mehrere Tage fahren kann ohne nennenswerte Ereignisse, aber natürlich mit dem immensen Eindruck von Zeit und Raum. Wenn auch die großen Oasen wie Ourgla, El Oued und Insallah einen tiefen Einblick in das Leben der einheimischen, bäuerlichen Bevölkerung boten.

 

  

Übernachtung im Irgendwo

Das kann man nur live erlebt haben am eigenen Körper und mit eigenen Sinnen. Denn so etwas ist nicht zu ermessen, wenn man nur hinfliegen, schauen und nach einer Stunde wieder starten würde. Das Nachtlager: hier oder erst in 50 km – egal, ist eh überall gleich.

Einen sehr großen Eindruck machte Ghardaia, eine Pentapolis, aus 5 Orten bestehende 1000 Jahre alte Stadt, Weltkulturerbe, die Bewohner gottesfürchtige, sehr moderate Muslime mit starkem Zusammenhalt und einem beispielhaften Sozialsystem. Während des Besuchs der leeren Moschee kamen schon Rückenschauer auf beim Gedanken, wieviele fromme Geedanken und Gebete hier über Jahrhunderte ausgesprochen wurden.

 

 

 

Ghardaia, Weltkulturerbe – Eindrucksvoll: Die Moschee

Abwechlung brachte das Treffen mit einer Militärstreife, die in uns wohl Spione vermutete. Ein übereifriger Soldat forderte den Film aus meiner Kamera, den er mit einer Schere sorgsam in viele Schnipsel zerschnitt. Was er nicht wusste: ich hatte in böser Ahnung zuvor schnell einen unbelichteten Film eingelegt.

Dorfleben auf dem Lande

 

Der Dorfplatz

Hirse Dreschen (Herren) und Sieben (Damen)

Die Grazien des Dorfes

 

 

Und die Jugend

 

Mühsam: Wasser beschaffen

   

Mühsam: Ziegenhirte

Kleine Touareg-Familie

Der Junior: Immer interessiert, auch am Nähen von geplatzten Reifen

Eine große Chance war, hier auf Menschen zu treffen, die wenig Kontakt zu Weißen haben, vor allem unter den Nomaden. Und das gelang ganz hervorragend. Ein Höhepunkt war das Treffen auf eine Familie in ihrem Zelt, zusammen mit vielen Kindern und ihren Haustieren.

Der Vater schien krank zu sein, er hustete, hatte Fieber und offensichtlich eine Lungenentzündung und fragte wohl nach einem Medikament. Das hatte ich natürlich für ihn, ein Breitband-Antibiotikum. Ich zeichnete ihm an Hand des  Sonnenstandes die Dosierung in den Sand: 3x 1 Tabl. Und hoffte, dass ich ihm helfen konnte. Zum Dank schenkte er mir eine kleine hölzerne Schreibtafel für Schüler, auf die er vor meinen Augen etwas schrieb; dazu bekam ich den Schreibstift und das Töpfchen mit der Farbe sowie ein Gefäß für ein stark riechendes Pulver, vielleicht eine Art Schnupftabak. Ein arabischer Freund in Köln konnte den Text lesen: Eine Koran-Sure. Und mein Freund, der Fotograf Jürgen Bindrim, hat die Objekte stimmungsvoll fotografiert. www.bindrim.de

       

Genießen Sie einfach die Fotos von einer sehr ungewöhnlichen Reise und mit ausgefallenen Menschen und Gesichtern, die wegen der politischen Lage derzeit allerdings nicht durchführbar ist.

Verabschiedung mit Polaroid-Foto als Andenken

 Hans, der Hahn im Korb

 

Interessierte Zuschauer

      

Letzter Lust-Sprung auf der Düne                   Bald am Ziel: Die Brücke über den Niger

Von Bamako ging der Flug zurück über Dakar, ein heftiger und schmerzhafter Sprung in die Zivilisation, wo man beim farbigen Ober einen eisgekühlten Drink am Swimmingpool ordern konnte. Und noch härter war die Zwischenlandung in Paris; unser Flieger nach Hause war schon weg. Den freien Tag nutzten wir für einen Aufenthalt im vorweihnachtlichen Paris, inmitten fast blind hetzender Leute und wütend hupender Autos, im Kopf aber die unendliche Einsamkeit der Sahara und ihrer Menschen. Der Versuch, diese Stimmung möglichst lage zu bewahren, klappte leider nur kurze Zeit. Aber zurück blieb eine sehr tiefe Erinnerung.

 

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