Kunst

Ein mafiöser Außenseiter im Ludwig: Blinky Palermo

Ein kurzes intensives Leben für die Kunst

Text und Fotos von Michael Cramer

Blinky Palermo ? Ein amerikanischer Mafioso im ehrwürdigen Museum Ludwig, und dann noch in einer Sonderausstellung ?  Mitnichten. Den Spitznamen legte sich Peter Heisterkamp als junger Düsseldorfer Kunststudent zu, ein schillernder Name, der seinem Bekanntheitsgrad sicher förderlich war. Dabei erhielt er, 1943 als Peter Schwarze geboren und von seiner leiblichen Mutter zur Adoption freigegeben, von den neuen Adoptiveltern den Namen Heisterkamp. Er studierte erfolgreich bei Joseph Beuys, wurde gar sein Meisterschüler; Beuys hatte ihm zu diesem Namen des amerikanischen Mafioso und Boxveranstalters geraten. Früh begann Palermo, der zur Mafia keinerlei Beziehung hatte, mit ungewöhnlich geformten Leinwänden, wie Kreise und Dreiecke, zu experimentieren. Ihn faszinierte die Komplexität in der minimalen visuellen Darstellung, die Radikalität eines monochromen Quadrats. Er zweifelte an den Konventionen der klassischen Malerei und eliminierte diese für sich in der Folge komplett.

Pressekonferenz am 16..1.2020, v.l. Kuratorin Julia Friedrich, Ulrich Reininghaus, Yil­maz Dziewior (Direktor), Susanna Laugwitz-Aulbach (Beigeordnete für Kultur), Anne Niermann (Presse)

Später begann er mit der Arbeit mit Stoffen, schuf atemberaubende Farbkombinationen, tiefgründig und schön; sie weckten „eine positive Sehnsucht nach der fehlenden Intimität“. Befreundet war er u.a. mit Gerhard Richter, mit dem er New York besuchte.

Seine vier Grundformen, ein schiefes grünes Dreieck, eine graue Scheibe, ein schwarzes Quadrat und ein blaues Dreieck, wurden von ihm vielfältig variiert. Von seinen Originalarbeiten fertigte er kleine Serien, um auch Minderbemittelten den Erwerb zu ermöglichen. In der Ausstellung sind viele kleine Werke individuell gehängt, über Türen, unter der Decke, im Zusammenhang mit anderen Objekten, zentimetergenau nach den Angaben des Künstlers. Es gibt viel zu sehen bei näherem Hinschauen.

Der Außenseiter Palermo starb früh mit nur 33 Jahren auf den Malediven unter weitgehend ungeklärten Umständen, nachdem seine Werke teuer und weltweit ausgestellt waren.

Wie kommt nun das Museum Ludwig an sein Werk? Da gibt es den Ulrich Reininghaus, einen aus Lüdenscheid stammenden, in Köln ansässigen Unternehmer, der sehr erfolgreich mehrere Betriebe aufgebaut hat, die sich mit der Oberflächenbehandlung industrieller Produkte befassen. Aber das war gestern. Reininghaus, Privatsammler alten Schlages, hat sein Unternehmen 1996 verkauft und seine Sammlung mit sachkundiger Unterstützung seiner Ehefrau Anna, der Mutter des Kölner Galeristen Daniel Buchholz, konsequent ausgebaut. Darunter auch Arbeiten von Blinky Palermo, den Reininghaus erstmals  1988 für sich entdeckte, ohne ihn – wie er im persönlichen Gespräch zugab – jemals persönlich getroffen zu haben. Fasziniert begann er dessen Arbeiten systematisch zu sammeln, bis er seine gesamte Edition besaß.

Ulrich Reininghaus, Köln, glücklicher Sammler und Stifter

Reininghaus ist befreundet mit dem Sammler Dr. Kurt Bartenbach, der jahrelang Fotokunst zusammengetragen hat und seine umfangreiche Sammlung 2018 dem Museum Ludwig geschenkt hatte: www.kulturcram.de/2018/08/ueber-200-fotos-fuer-das-ludwig-museum-eine-generoese-gabe-fuer-die-nachwelt/  Bartenbach hatte auf der Pressekonferenz davon geschwärmt, dass er nach der systematischen Aufarbeitung der Ausstellung durch die Kuratorin jetzt erst so richtig merkte, was er da alles gesammelt hatte. Ähnlich ging es Ulrich Reininghaus, der auf der Pressekonferenz ein paar Tränchen verdrückte ob der Tatsache, seine „Palermos“ nun hier in Gänze und vor allem in sicheren Händen zu wissen. „Ich habe mich damit selbst beschenkt“ strahlte er. Trösten konnte er sich damit, dass es ihm nie gelingen würde, die ganze Sammlung bei sich auszustellen. Obwohl  ihm das Stiften nicht neu war: 2008 hatte er bereits seine größere Sammlung von grafischen Werken des Kölners Sigmar Polke dem Museum Ludwig übereignet. Er sei engagierter Kölner und könne nicht verstehen, warum andere Stifter ihre Sammlungen in andere Städte oder gar ins Ausland gäben. Solche Schenkungen sind ein herausragendes Zeichen bürgerlichen Engagements, wo der Schenkende seiner Stadt, in er gelebt und gearbeitet hat und die ihm kulturelle Heimat war, etwas zurückgibt.

Die Sammlung ist bis zum 3. Mai 2020 zu besichtigen, Di-Do 10:00 bis 18:00, es gibt einen umfangreichen Katalog im Museumsshop für 29.- €.

Kommentare deaktiviert für Ein mafiöser Außenseiter im Ludwig: Blinky Palermo